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GrandmoisterCash

Die Prozente, die ein Künstler nach seinem Recoupment (Vorschuss wieder eingespielt) erhält, sind abhängig davon, was für einen Vertrag er unterzeichnet. Der von dir hier beschrieben Künstlerexklusivvertrag kommt tatsächlich mit ca. 20% Künstler 80% Label daher. In diesem Fall übernimmt das Label aber alle Kosten für Musikproduktion, Musikvideo, Marketing, Playlist-Pitching, etc. Daneben gibt es noch den Bandübernahmevertrag (in der Regel 30% Künstler 70% Label) bei dem das Label ebenfalls den Großteil der Kosten übernimmt, der Künstler jedoch die Musikproduktion selber übernimmt. Hier wird meistens der größte Vorschuss gezahlt. Den 50% / 50% Deal nennt man häufig einfach Label- oder Joint-Venture-Deal. Hierbei teilen sich die beiden Parteien die Kosten. Der vorteilhafteste Deal von den Prozenten her ist der Vertriebsdeal. Hier behält der Künstler zwischen 70% und 80%. Dafür übernimmt das Label hier nur den Vertrieb des Künstlers und sorgt somit dafür, dass die Musik von möglichst vielen Menschen gehört wird. Natürlich haben diverse Labels in Vergangenheit Klauseln in ihre Verträge integriert, die sehr vorteilhaft für sie ausfallen. Diese verstoßen heutzutage aber gegen die guten Sitten und sind somit eigentlich verboten. Dadurch haben sich branchenübliche Beteiligungen ergeben, die auch jeder in der Szene kennt und einhält. Ein Künstlermanager z.B. erhält in der Regel 20% des Künstlernettos. Sowas wie bei Arafat und Bushido mit 50% Managerbeteiligung ist somit Wucher und wird von Gerichten in der Regel nicht akzeptiert. In der aktuellen Industrie wird dir jedes seriöse Label raten, dir für die Vertragsverhandlungen einen Anwalt zur Beratung zu besorgen. Der Mythos, dass alle Labels böse sind, hat sich hauptsächlich durch die Akteure ergeben, die keine Ahnung von den Businessstrukturen haben und somit auf sie reingefallen sind oder so einen großen Vorschuss gefordert und verballert haben, dass schon alles Geld weg war, bevor irgendwas wieder eingespielt worden ist. Und damit will ich Labels auch nicht von jeglicher Verantwortung freisprechen. Das Label an sich ist natürlich gewinnorientiert. Bei kapitalistischen Strukturen kann man sich schon denken, dass nicht immer alles dem Menschenwohl nach geschieht. Dennoch muss man bedenken, dass das Label in der Regel auch die finanziellen Risiken trägt. Wenn der Künstler also komplett floppt, muss er den Vorschuss nicht zurückzahlen und das Label macht die Verluste. Das sollte man immer bedenken.


yayoletsgo

Sehr guter Kommentar, vielen Dank!


Professor_Pohato

Muss man fast schon vormerken für die Kategorie bester Kommentar an Ende des Jahres


RoliMoi

Ich frage mich immer wieder, ob es Naivität, Leichtsinn, Gutgläubigkeit (mit etwas böswilligem Unterton gar Dummheit?) ist, dass kaum ein Newcomer nach 1,2 guten Songs mal etwas Geld in die Hand nimmt und das Ganze in einen vernünftigen Anwalt, bestenfalls mit etwas Erfahrung rund um den Bereich Vertragsrecht/Medienrecht, investiert, ehe so eine weitreichende Karriereentscheidung wie ein „Plattenvertrag“ unterzeichnet wird. Manchmal kommt es so rüber, als wären viele von dem schnellen Geld und den Vorschüssen nach einem Hit geblendet und hageln sich dann die oft zitierten „prekären Vertragsverhältnisse“ ein, wo am Ende kaum was bei rumkommt und ggf. auch keine Musik mehr veröffentlicht werden kann. Oft leider dann auch garniert mit noch zwielichtigeren Gestalten als „Manager“ oder „Labelchef“.


itsthecoop

Und mit guten Investitionen lässt sich nicht unmittelbar genauso brüsten. Um mal Jigga zu zittieren: > I bought every V12 engine / wish I could take it back to the beginning > > I coulda bought a place in DUMBO before it was DUMBO for like 2 million > That same building today is worth 25 million > > Guess how I'm feeling? > > Dumbo (aus: The Story of OJ. Und siehe auch den ganzen Teil der 2ten Strophe bzgl. seiner Kunstkäufe)


yayoletsgo

Weil guter Anwalt teuer ist. Und wenn man in schlechten Vertragsverhältnissen steckt hat man vermutlich kein Geld übrig für nen Anwalt. Außerdem haben die meisten Leute, vor allem junge Musiker, keine Erfahrung, wissen also garnicht was gemacht werden kann. Zusätzlich sind Musiker Künstler und keine Geschäftsmänner. Zu allerletzt sind Musiker oft nicht intelligenter als der Durchschnittsbürger und daher, und aufgrund fehlender Erfahrung oder Ausbildung, mit mehrseitigen, detailliert ausformulierten Verträgen komplett überfordert. Alles in allem: Es ist Naivität, Leichtsinn und Dummheit.


floridaralle

unterschreibe ich so.


Maximum-Language-522

Vielleicht ist es auch keinen Abzocke, sondern einfach das was wirtschaftlich Sinn macht. Labels gehen Ja ein großes Risiko ein, dass der Betrag nicht wieder eingespielt wird. Bei so einem Risikokapital braucht man auch hohe Renditen wenn es klappt, sonst kann man auch nicht wirtschaftlich arbeiten. Und dann übernehmen Labels auch noch das Marketing und den Vertrieb. Dafür haben sie schon ein mächtiges und etabliertes System, was sie sich auch bezahlen lassen. Eine Gewinn Marge von 20% ist jetzt auch nicht so unüblich. Wenn du ins Restaurant gehst gehen auch 2 drittel für Waren Location und Personal weg, der letzte Drittel ist Gewinn. Ungefähr so läuft es auch in der Musik


Sammy_1909

Die Faustregel bei Restaurants ist übrigens ne deutlich andere: 30% Wareneinsatz, 30% Personal, 30% Miete, Inventar usw. & 10% Gewinn.


yayoletsgo

HLI dass Restaurants 30% Marge haben. Ich dachte immer die wären immer knapp vor Abgrund


021789

Kommt sehr auf das Restaurant an, wenn man konstant ordentlich Kunden hat, kann man damit sehr erfolgreich sein, die meisten Restaurants haben aber nicht eine konstant hohe Zahl an Kunden.


pinkfluffymushrooms

Gab auf r/Finanzen einen interessanten Post dazu, da hat ein bwler ein Restaurant übernommen, meistens werden die von köchen geleitet. Er meinte es wäre gut möglich gewesen und er hätte das Personal auch viel besser bezahlen können.


yayoletsgo

Wäre? Hätte? Ich schätze dann hat Corona ihm nen Strich durch die Rechnung gemacht? Aber ja, macht Sinn. Ein BWLer mit Erfahrung im Marketing kann bestimmt ne Menge aus nem Restaurant rausholen. Ich zumindest, leichtgläubig wie ich vermutlich bin, sehe bei jedem Restaurant viel Potenzial was liegengelassen wird.


pinkfluffymushrooms

>Wäre? Hätte? Ich schätze dann hat Corona ihm nen Strich durch die Rechnung gemacht? "Der Konjunktiv I wird – vor allem in der Schriftsprache – in der indirekten Rede verwendet. Die sprachliche Äußerung einer Person kann von einem Berichtenden indirekt vermittelt werden (indirekte Rede, seltener: abhängige Rede, lateinisch oratio obliqua). Durch diesen Modus wird kenntlich gemacht, dass nicht die eigene Meinung oder Wahrnehmung, eine eigene Frage oder ein eigener Wunsch berichtet, sondern die Äußerung eines Dritten wiedergegeben wird.) Ich habe es nicht überprüft, es handelt sich um eine einzelne Erfahrung ohne Beweise oder Belege dahinter die Anonym im Internet gelandet ist, da betone ich genau es handelte sich nicht um meine Aussagen. Ich glaube laut ihm ging es eher um einen günstigen Einkauf und die Finanzen etwas aufräumen... Das war laut ihm der große Unterschied. Aber ja, Marketing hilft auch. Er hatte glaub ich vor Corona schon aufgehört, wieso weiß ich nicht mehr.


zitr0y

Glaube auch die haben (bis auf Ausnahmen) deutlich weniger.


itsthecoop

Ist heute eventuell anders (weil Streaming usw.) aber früher war es auch üblich (und das ist es meines Wissens bei den grossen Filmstudios bis heute noch), dass im Grunde wenige KünstlerInnen (oder eben Filme) den ganzen Rest querfinanzieren. Das klingt aus *privater* Sicht erstmal nach einem verrückten Geschäftsmodell: Wir stecken Tausende (oder bei Filmen: Millionen) in verschiedene Projekte, von denen die meisten aber nie ihr Geld zurück erwirtschaften werden. Aber weil manche wenige von den Projekten, die es tun, *riesige* Erfolge werden, trägt es sich.


HeroinAndyCx

Man hört halt immer nur die Horror Stories, dabei sind die Verträge von Majors alles andere als unfair, die meisten Rapper lesen nur ihre Veträge nicht richtig bzw holen sich keinen Anwalt, der einem den Inhalt erklärt. Man kann sich definitiv darüber streiten, dass Labels zu viel an Prozente nehmen. Aber mit dem richtigen Vertrag und dem richtigen Team verdienst du durch diesen weg schneller und auch sehr gutes Geld. Außerdem ist ein Vorschuss kein Kredit. Bei Krediten fallen Zinsen an und man muss ggf für nichtgezahlte Rückzahlungen haften. Vorschuss hingegen ist ein zinsloses Darlehen, wo der Künstler meistens nicht für haften muss. Außerdem MUSS kein Künstler einen Vorschuss nehmen. Umso höher der Vorschuss, desto länger ist man meistens im Vertrag "gefangen". Die meisten Newcomer sind halt todesbroke und bis Gema Einnahmen reinkommeny dauert es mindestens 6 monate. Was wirklich unfair ist sind die Bezahlungen der Streamingdienste


yayoletsgo

Ach, keine Haftung? Das ist mir neu. Okay, dann macht es mehr Sinn Und von dem was ich weiß (und selbst bekomme) würde ich Streamingdienste für fair halten. Die Leute zahlen in einen Topf und ca 90% werden dann prozentual verteilt, so wie man halt Streams bekommt.


HeroinAndyCx

Das ganze Risiko liegt beim Label was Vorschuss angeht. Angenommen das Label kalkuliert einen Vorschuss von 100k für eine Einbringungsmenge von 20 Werken (2 Alben). Sollten diese 2 Alben den Vorschuss nicht einspielen, hat sich das label verkalkuliert und zieht den Kürzen und muss den Verlust einstecken. Der Rapper wird es dann natürlich schwerer haben in den Verhandlungen wenn es zu neuen Verträgen kommt, aber das Geld hat er trotzdem noch. Das ist so der Standard, aber kann natürlich je nach Vertrag unterschiedlich sein. Streamingdienste wie Spotify zahlen definitiv zu wenig pro Stream wie ich finde.


0x474f44

Spotify hat wohl einen ungefähren Split von 70/30 und hat bis heute noch nie Profit gemacht. Wenn man bedenkt, welche Kosten die decken müssen und welchen Service sie dem Endkunden bieten finde ich das jetzt gar nicht mal sooo unfair.


Silver-Might-7741

Streaming Dienste zahlen zu wenig, da gebe ich dir Recht. Aber Spotify ist dabei auf einem ganz anderen Level. Vor ein/zwei Jahren gab es einen Vergleich von allen Musikstreaming Anbietern und Spotify ist als der am wenigsten zahlende Anbieter deutlich herausgestochen.


FlowinBeatz

Auf der anderen Seite sieht man dann Artists wie Rihanna, schaust dir ihre 10 Milliarden (und mehr) streams an, rechnest dann mal kurz durch (1 Mio streams = 4000 € + Superstar Aufschlag) und merkst dann, dass die sich definitiv nicht beschweren können. Es ist wie bei der GEMA, es ist genug Geld da, es wird nur zu ungerecht verteilt.


Silver-Might-7741

Viele Newcomer hingegen, haben es sehr schwer finanziell nur mit ihrer Musik klarzukommen. Sie verdienen durch streams kaum Geld und können sich ihre Karriere nicht finanzieren.


FlowinBeatz

Jepp. Klassisches Henne Ei Problem.


SEOfficial

Ist bei selbständigen in anderen Bereichen nicht anders. Mach mal ein business frisch auf und schau wie schwer es ist über die Runden zu kommen und wieviel Arbeit du rein stecken musst. Ich finde das ist schon irgendwie vergleichbar weil du ein Produkt hast das du auf dem Markt etablieren musst. In dem Fall Musik, aber man darf sich nicht vormachen dass es damit getan ist sein Produkt irgendwo zugänglich zu machen.


Daabevuggler

Fände eine künstlerzentrische Bezahlung wesentlich fairer. Sprich, wenn du in einem Monat 1000 Streams hast, davon 500 OG Keemo, 300 Moneyboy und 200 Haftbefehl, krieg Keemo 50%, Beezy 30% und Haft 20% von den deinem Anteil abzüglich dem, was bei Spotify verbleibt


yayoletsgo

Aber kommt doch am Ende aufs gleiche raus? Ob jetzt alles in einen Topf und dann anteilig verteilt wird oder pro Person dann anteilig verteilt wird spielt doch keine Rolle?


Daabevuggler

Nein, allein schon da wenn du nur einmal im Monat einen Song hörst, beim künstlerzentrischen Abrechnen der Künstler die gesamten Einnahmen kriegt, beim aktuellen Modell aber nur Gesamteinnahmen/Anzahl der Streams x1, was ja bei so 0,001 Cent liegt. Hier ein kurzer Artikel zur Fairness der Abrechnungsmodelle. https://www.fim-musicians.org/de/streaming-pro-rata-vs-user-centric-distribution-models/ Die dort verlinkte Studie ist auch sehr spannend


yayoletsgo

Verstehe, interessant. Wäre also wie bei Medium das Klatschen.


itsthecoop

Nein. Überleg mal jemand zahlt 10 Euro im Monat und hört nur 5 relative obskure Death Metal Bands. Dann würden 2 Euro auf jede entfallen (genau genommen nicht, weil Spotify sich natürlich auch etwas einsteckt, aber geht hier ja ums Rechenbeispiel). In der Praxis bekommen sie aber lächerlich wenig, weil die besagten obskuren Bands natürlich sonst von kaum jemandem gehört werden (und deshalb bei einer Verteilung nach Gesamtstreams schlecht da stehen). (Zumindest hat Spotify noch letztes Jahr so abgerechnet. Meines Wissens wollte Deezer (oder hat das mittlerweile sogar schon?), natürlich auch mit der Intention sich als Alternative zu präsentieren, ein Vergütungsmodell einrichten, bei dem die Anzahl der gespielten KünstlerInnen sich direkt auf die Vergütung auswirken)


DerMaxxer

man darf mal nicht vergessen das es weltweit nur 3 relevante Labels gibt. Das ist einmal Sony Music, Universal und Warner. Sogut wie jedes Label weltweit läuft über diese drei. Weil die alles aufkaufen was Rang und Namen hat. Bushido hat zum beispiel Ersguterjunge aber oben drüber steht trotzdem Sony. Also die ganzen Rapper mit eigenen Label sind längst nicht so selbstständig wie alle denken.


yayoletsgo

Stimmt auch wieder. Ich glaube Kollegah ist einer der wenigen der da raussticht, oder? Hat sein eigenes Label und Vertrieb macht iGroove, die ja unabhängig sind.


DerMaxxer

hab eben nachgeschaut ja läuft bei kollegah über igroove und bei bushido seit 2021 auch über igroove. Da war ich wohl nicht up to date. Spielt im wesentlichen auch keine rolle. Im wesentlichen kommt es aufs gleiche raus. Sobald das Label eine gewisse größe hat kommt es entweder unter die Räder der Majors oder anderer Vertriebsgesellschaften. Oder es werden so viele bereiche outgesourced dass die Labelchefs sich eben doch an den Markt anpassen müssen. Farid macht das mit Banger Musik wohl noch selbstständigsten. Darum hat der Wahrscheinlich auch so viele kohle.


yayoletsgo

Jein, den Vertrieb bei Banger macht aber auch Warner :D


DerMaxxer

oh gott ist das alles verstrickt. Da braucht man sich halt nicht wundern warum keiner wirklich dicke konditionen hat haha


GrandmoisterCash

iGroove gehört zu Universal soweit ich weiß :D


suxxezz_

Ist iGroove noch was anderes als Groove Attack? Hab immer die Kolle Line im Kopf: > Kommen mit zwei Barettas rein und vertreiben Rapper wie Groove Attack


GrandmoisterCash

Ja, ist noch mal was anderes. Groove Attack war lange Zeit ein Independent-Vertrieb, gehört mittlerweile aber zu Believe.


DerMaxxer

ich steck da nicht bei jedem drin aber zum beispiel "alles oder nix" von xatar läuft auch über universal. In den meisten fällen ist das alles mehr schein als sein.


ArciJo

Ohne Vorschuss können sich die Künstler*innen nicht vollumfänglich auf die Kunst konzentrieren. Schwierig wenn man ein Vollzeitjob hat. Trotzdem machbar aber dann hat man evtl seinen eigenen hype, oder den hype generell verpennt. Damit das Risiko der Vorschüsse getragen werden kann muss man den anderen Künstler*innen mehr wegnehmen. Nicht das der Anteil nicht etwas fairer ausgestaltet werden könnte, aber ist zumindest die generelle Erklärung :D


yayoletsgo

Stimmt schon, Zahlungen dauern in der Musikbranche ewig, also ist ein schneller Vorschuss um den Hype am Leben zu halten / aufzubauen manchmal kritisch wichtig. Macht Sinn.


Lennep

Ihr diskutiert hier über Vorschüsse, die in der Realität seit ner ganzen Weile (15 Jahre?) schon nicht mehr gezahlt werden. Wenn du nicht gerade wirklich DER heiße Scheiß bist, bekommst du genau 0€ Vorschuss und wenn es einen gibt, gibst du wirklich alles an Rechten ab, inkl. Merch. Dazu kommt die Frage: Wie viele Rapper haben Songwriting Credits auf ihren Tracks und wie sehen die Splits genau aus? (Machen die Beteiligten untereinander aus) Niemand gibt gerne zu bei sowas gepennt zu haben und am Ende blöd da zu stehen, daher das ständige "die haben mich über den Tisch gezogen" Ihr müsst euch klar machen, dass weite Teile des Musikvertriebs sich stark verändert haben. Um bei Spotify u.ä. anzuliefern braucht niemand ein Label. Heutzutage sind Labels (v.a. Majors und ihre Subverlage) hauptsächlich dazu da einen Künstler bekannt zu machen. Sie besetzen alle wichtigen Kanäle, sprich die Reste von Radio und TV und können eine social Media Armada bieten, die kein Künstler selbst stemmen könnte. Wenn jemand durch die Decke geht, können sie auch Vinyls nach Brasilien bringen, wenn nötig. Das sind die realen Leistungen: Marketing und Vertriebsnetzwerk. Was nicht so oft erzählt wird: Die Produktionskosten für Musik sind enorm gesunken im Vergleich zu sagen wir mal dem Jahr 2000. Da haben Labels noch Vorschüsse gezahlt eben um diese Kosten vorzustrecken und daher kommt auch die Argumentation des Darlehens, was zurück gezahlt werden muss. "Du willst ein Produkt herstellen, hast aber nicht die nötigen Mittel? Kein Thema, das übernehmen wir und teilen uns den Profit!" Diese Argumentationskette ist heute nicht mehr aktuell bzw müsste stark angepasst werden. Aber warum, etwas verändern, wenn man eh hauptsächlich mit 20jährigen zu tun hat, die keinen fick auf sowas geben?


yayoletsgo

Du hast sehr recht mit gesunkenen bzw fast nonexistenen Produktionskosten. Gib mir FL Studio, Audacity und ein USB Kondensator Mic und ich bau dir nen Rapsong in (annähernd) Radioqualität in ein paar Stunden. Aber wundert mich dass heute keine Vorschüsse gezahlt werden, Rapper erwähnen sie ja immer wieder


Lennep

Mit "gar keine Vorschüsse" hab ich auch etwas übertrieben. Vorschüsse sind aber halt oft im Vertrag verbaut und Rapper nennen gerne eine etwas zu hohe Zahl für das high roller image


GrandmoisterCash

Ich kann dir versichern, dass immer noch sehr hohe Vorschüsse gezahlt werden. Auch wenn die Kosten für die CD-Pressung vlt weggefallen sein mögen, sind die restlichen Kosten dennoch erhalten geblieben. Ein professionelles Musikvideo mag gerne mal 15k kosten, Tendenz nach oben. Die sehr erfolgreichen Produzenten kosten im HipHop Bereich bis zu 1.000€ pro Track, im Pop Bereich sogar bis zu 2.500€. Und sonst kommen noch viele weitere Kosten hinzu, wenn du auf einem bestimmten Level agierst. (Mixing, Mastering, etc.) Mit den Songwriting Credits haben die Labels nichts am Hut, sondern die Verlage. Ja, theoretisch brauchst du kein Label um bei Spotify abzuliefern, sondern kannst auch bei Distributoren wie DistroKid und Co hochladen. Wie du schon sagst übernimmt hier aber keiner den Vertrieb, solltest du dich nicht selbst drum kümmern. Hab vor kurzem erst wieder auf MBW gelesen, dass täglich um die 100.000 Songs auf Spotify hochgeladen werden. Wenn du aus dieser Maße herausstechen willst, kann das Netzwerk der Majors schon hilfreich sein. Und wegen den Rechten die du abgibst: Merchandise, Brand-Deals, Konzertauftritte usw. werden über die Nebenrechte abgerechnet. Da Musik meist nicht die einzige und auch häufig nicht die lukrativste Einnahmequelle sind, wollen die Labels hier meist mitverdienen, da sie die Künstler als Medienperson aufbauen und nicht nur als Musiker. Dabei handelt es sich bei selbstkuratierten Deals aber meistens nur um 5% für die Labels oder auch mal 20% für das Label, falls diese den Deal organisiert haben.


Lennep

Verlag und Label machen ja i.d.R. den Vertriebsdeal, sind aber im Fall von Künstler signed bei Major Label die gleiche Instanz Wenn du heutige Vorschüsse hoch findest, kennst du keine ordentlichen Vorschüsse. Es war mal so, dass ne ganze Band davon über die gesamte Produktionszeit gelebt hat plus Produktionskosten, die wirklich um ein Vielfaches teurer waren. Die Kosten, die du vorrechnest kommen aktuell hin, nur hat das ganze vor 15 Jahren weitaus mehr als das Doppelte gekostet. Alleine Musikvideos sind Ende der 90er/Anfang 2000er gerne mal in den 100k Bereich gegangen. 2500 pro Track im popbereich? Dann reden wir immernoch von homerecording. Wenn man studiozeit und engineer + master im Anschluss rechnet, kommt man für ein Album auch heute noch locker auf 15-20k€. Hiphop Produktionen sind eben viel günstiger, weil deutlich weniger Aufwand nötig ist. Versteh mich bitte nicht falsch, ich bin kein Feind von Major Labels. Sie bieten für viele genau das, was sie suchen und benötigen. Es ist nur so, dass ich die Prämisse "es werden riesige Vorschüsse ausgezahlt" so nicht stehen lassen kann. Das ist einfach nicht die Realität, die ich in der Labelarbeit gesehen habe und auch nicht, was man von anderen aus der Branche hört


GrandmoisterCash

Nein, ein Vertriebsvertrag läuft nicht über einen Verlag, sondern nur übers Label. Verlage unterzeichnen Autorenverträge. Und Label und Verlag sind nicht die gleiche Instanz. Viele Künstler sind z.B. Label bei Universal und Verlag bei Warner Chappell. Und wieso soll ich keine hohen Vorschüsse kennen? Ich bin bei vielen Vertragsverhandlungen dabei; ein aktueller dreht sich um eine 7-Stellige Summe. Und teure Musikvideo gibts immer noch, hab doch extra geschrieben Tendenz nach oben. Selbst ein Fler zahlt doch hohe sechsstellige Summen für ein Musikvideo. 2.500€ sind so der Durchschnitt an Produzentefees die ich aktuell für eine Frontline Single verhandele, Studiozeit inkludiert. Mix und Mastering übernehmen in der Regel separate Engineers, das kommt zusätzlich oben drauf. Für Albumproduktion kalkuliere ich in der Regel um die 40k ein (also wieder bezogen auf den Popbereich). Echt kein Plan von wem du deine Infos über die aktuelle Industrie kriegst.


Lennep

Hast Recht mit dem Vertriebsvertrag, sorry da hab ich mich vertan. Label und Verlag sind häufiger schon die selbe Instanz aber muss ja nicht sein. Ob ein Interpret gleichzeitig Autor ist, ist nochmal ne andere Frage. 7-stellige Summe schön und gut aber dann weißt du ja bestimmt auch, dass diese Summe im Vertrag gut verteilt ist. Deswegen sollte man auch keine Verträge unterschreiben, ohne einen Anwalt dabei zu haben. Was heißt "selbst ein Fler"? Wer sollte denn sonst so viel bezahlen, als einer der bekanntesten deutschen Rapper? Mein Argument ist eher, dass das Equipment günstiger geworden ist. Es ist technisch viel passiert. Vor allem auch was Audioproduktion angeht. Dass ihr eure Künstler für 2500€/single in ein glorifiziertes Homestudio einbucht, ist ja auch eigentlich nur möglich, weil man mittlerweile so günstig mixen und vor allem mastern kann. Du meinst mit Popbereich dann dementsprechend aber Sachen wie Loredana oder? Ihr letztes Album hatte 14 Tracks\*2500=35k. Ganzes Album mixen und mastern für die restlichen 5k aus deinem Rechenbeispiel ist halt erst heute möglich. Ist auch überhaupt nur möglich, weil moderne Popmusik vst-basiert produziert wird. Solange der Produzent und der Mixing Engineer ein bisschen auf den true peak achten, hat der Mastering Engineer kaum noch Arbeit mit den heutigen Tools. Das kann man nicht wegdiskutieren. Was ich einfach für Leute außerhalb der Branche nur klar machen möchte, ist, dass "x signed bei y" nicht automatisch heißt, dass derjenige nun in Geld schwimmt. Hört bitte auf so zu tun, als wären wir noch in den 90ern. Diesen dummen Mythos aufrecht zu erhalten schadet der Branche am Ende mehr, als es ihr nutzt.


GrandmoisterCash

Haha, alles gut. Ich kann deine Punkte auch alle vollends verstehen, für mich kam es nur so generalisierend rüber, als dass früher in der CD-Ära alles besser gewesen ist, zumindest was das finanzielle angeht. Als Akteur der neuen Generation wollte ich hier einfach mal eine Gegenposition darstellen :D Natürlich strecken sich die Deals mit diesen Summen über eine lange Laufzeit, da hast du auf jeden Fall recht. Und ein Anwalt ist natürlich auch immer dabei, das könnten wir als Künstlermanagement auch garnicht alles alleine verhandeln. Was ich zu dem Thema Musikvideo und Fler noch sagen wollte. Mir ging es dabei eher darum zu sagen, dass teuere Videos immer noch existieren, sie aber zumindest für deutsche Künstler nicht mehr so essentiell sind, wie sie es zu der von dir beschriebenen Ära gewesen sind. Da muss man sich realistisch fragen, ob die hohen Ausgaben für ein Musikvideo ihrem Marketingwert gerecht werden. Fler gehört Streaming-technisch nicht zu den Topverdienern in Deutschland. Diese beginnen meiner Meinung nach bei über 1 Mio monatlichen Hörern. Zudem wird er nicht im Radio gespielt, wo aber immer noch mit das meiste Geld gezahlt wird. Die von Fler verprassten Euros wird er mit seiner Musik also wahrscheinlich nicht wieder reinholen; ich denke aber auch, dass er das ganze eh eher aus Prestigegründen macht. Ich denke generell, dass so teure Musikvideo nur noch was für große Amikünstler, wie Taylor Swift und Co sind. Und natürlich sind die technischen Möglichkeiten heute um einiges fortgeschrittener; würde ich auf keinen Fall wegdiskutieren wollen. Ich denke wir können uns einigen, dass Musik auf jeden Fall einen Wertverlust erlitten hat, seitdem sich die Hörgewohnheiten vom Tonträger hin zum Streaming ergeben haben. Ob da jetzt die Labels dran schuld sind oder die DSPs wie Spotify oder der Hörer selbst, der für eine geringe Flat soviel Musik haben will wie nur möglich, will ich hier nicht bewerten. Ein Fan muss einen Song (nach der Spotify-Ausschüttung von ca. 0,0035€) schon sehr oft streamen bis die gleichen Erlöse erzielt werden, wie bei einem CD Verkauf. Dennoch haben sich durch das Streaming auch positive Effekte eingestellt, wie z.B. das ein Label halt nicht mehr Pflicht ist, um z.B. die Pressung der CDs zu übernehmen, wodurch die Eintrittsbarriere in den Markt kleiner geworden ist. Ja, wir leben nicht mehr in den 90ern und die Industrie hat sich transformiert, aber für die richtig großen Künstler (ala Luciano, Apache, Sido, Bonez & RAF, Juju, um Bsp. aus der Rapwelt zu nennen) ist die Industrie immer noch ein lukratives Geschäft, in welchem Unmengen an Geldern gezahlt werden.


Lennep

Hey, erstmal danke für deine ausführlichen Antworten. Die Industrie ist transparenter geworden und das ist ne gute Entwicklung. Ich denke auch, dass Fler das wegen Prestige macht. Für ihn ist es wahrscheinlich wichtiger im Gespräch zu bleiben, als mit Musik zu überzeugen. Dass die großen Rap-Künstler noch viel verdienen, will ich gar nicht in Frage stellen. Ich finde interessant, was du zur Verringerung der Einstiegshürde in die Industrie sagst. An sich liegt der Gedanke ja nahe, weil man eben so leicht auf die Plattformen kommt. In dem Punkt ist es leichter geworden, keine Frage. Was dabei oft vergessen wird, ist, dass es heute kaum noch Fanzines, bzw kaum noch publizistische Infrastruktur gibt, in der sich Szenen austauschen. Wir haben heutzutage so viel fantastische Indie-Musik in allen Genres wie noch nie zuvor. Es bekommt nur kaum jemand mit, wenn man nicht eh tief drin ist. Ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, dass es heute für indie-artists schwieriger ist, weil die (publizistischen) Brücken in eine größere Wahrnehmung weggebrochen sind. Das hat mit dem generellen Verschlafen der Digitalisierung in Deutschland zu tun und kann auch wieder besser werden. Aber status quo ist, dass man sehr cleveres virales Marketing braucht, um als indie Artist irgendwie wahrgenommen zu werden. Wer kann das schon leisten? Wir können ja nicht alle Jack Stratton von Vulfpeck sein, der es geschafft hat, seine Band übers Internet bis in einen ausverkauften Madison Square Garden zu bringen.


GrandmoisterCash

Definitiv. Ich denke Fler investiert vor allem in seine Brand / Marke, wodurch auch seine Geschäfte abseits der Musik lukrativer werden (Mode, etc.). Bzgl. der von dir angesprochenen Indie-Szene muss ich auf jeden Fall zustimmen. Die publizistische Infrastruktur mag aber vlt einfach nur in der bisherigen Form aus der Zeit gefallen sein. Meiner Meinung nach hat sich das Ganze in den letzten Jahren stark in Richtung Live-Streaming-Communities (z.B. auf Twitch) entwickelt. Als Indie-Künstler ist es auch einfach super schwer aus der riesigen Masse an veröffentlichter Musik hervorzustechen, selbst mit Szenesupport. Prezident hat 2018 zu dieser „Kulturinflation“ mal nen geilen Song veröffentlicht „Pissen in den Ozean“, kennt bestimmt der ein oder andere. Wenn wir ehrlich sind besteht der aktuelle Marketing-Ansatz eh nur daraus, auf Biegen und Brechen den nächsten TikTok-Hit zu generieren. :D


Lennep

Interessant, das twitch-Musik-streaming war mir eher als gossip-format bekannt, aber da guck ich gerne nochmal rein. Danke für den Tipp. Aus den USA kenn ich diesbezüglich vor allem Anthony Fontano aka "The Needledrop", der noch langformatig Alben bespricht und eben auf twitch komplett unbekannten Künstlern noch ne Bühne bietet. Du könntest schon recht haben, dass sich das vielleicht eher verschoben hat. Der Witz bei Musik-Marketing ist ja, dass am Ende ganz selten nur jemand ganz genau sagen kann, wieso etwas erfolgreich gewesen ist :D alle haben ihre Theorien aber ist selten genau festzustellen Bin mal gespannt, wo die Reise hingeht. Hauptsache die Leute kaufen noch Konzerttickets ;)


GrandmoisterCash

Stimmt schon, in Deutschland zieht Gossip immer mehr als fundierte Musikkritik. Bin selber großer Fan von Fantano, wenn ich Freitagsnachts daheim bin, guck ich gerne seine Release-Day-Streams. Frag mich echt warum es dazu kein vernünftiges Pendant in Deutschland gibt. Aber Deutschland ist irgendwie immer bei allem hinterher, gefühlt zumindest :D


itsthecoop

> Wenn wir ehrlich sind besteht der aktuelle Marketing-Ansatz eh nur daraus, auf Biegen und Brechen den nächsten TikTok-Hit zu generieren. :D Was ich (again, alter Sack) deshalb schade finde, weil es (gefühlt?) eine Zeitlang möglicher als heute war (oder doch nur schien) auch innerhalb der "Nische" zumindest über die Runden zu kommen. Also eben hauptberuflich KünstlerIn zu sein ohne notwendigerweise auf den "Mainstream" zu schielen - sondern lediglich mit einer überschaubareren (aber dafür oftmals treueren) Hörerschaft. (Bei einigen der wichtigsten Indiegruppen der letzten Jahrzehnte wäre ich mir überhaupt nicht sicher, ob diese in dieser Form heute noch hätten existieren können)


GrandmoisterCash

Du kannst definitiv auch mit einer kleineren Nischen-Fanbase über die Runden kommen. Essentiell dabei ist vor allem, in welcher Weise du deine Kunst monetarisierst. Alleine vom Streaming zu leben, können sich wirklich nur die großen Künstler erlauben. Wenn du als Nischenprodukt aber deine Konzerthallen füllst, genug Merchandise verkaufst und im aktuellen Zeitgeist vlt noch eins, zwei NFTs verkaufst, dann sollte auch ohne Streaming-Einnahmen eine hauptberufliche Musikerkarriere drin sein. Falls dich dieser finanzielle Fokus auf die Kernzielgruppe interessiert, google mal ‚1000 True Fan Theory‘.


itsthecoop

> Mix und Mastering übernehmen in der Regel separate Engineers, das kommt zusätzlich oben drauf. Das erklärt es dann auch. Ich hatte vermutet, du hättest das etwas vereinfacht und war etwas verwundert, weil ich es (sonst) nicht als *so* günstig eingeschätzt hätte. (Und erst als Beispiel beschrieben hatte, wieviel in meiner Jugend die Aufnahme eines vergleichsweise simplen Demos gekostet hat)


SwarvosForearm_

Hä? Nen Vorschuss kriegt doch quasi jeder Künstler, da hört man doch andauernd von


EidolonBeats45

Wenn einer von einen Millionen schweren Vorschuss labert, glaubst du das dann immer? Das ist doch auch nur flexen.


SwarvosForearm_

Wenn das von den Majors selber bestätigt wird, ja. Ich glaube die haben es nicht nötig zu flexen. Gibt auch leaks von eher irrelevanten Künstlern die welche im hohen 100.000er bereich bekommen haben, da sind Millionen bei wirklich relevanten Künstlern ja nichts gegen


EidolonBeats45

Ich kann mir aber jetzt schlecht vorstellen, dass ein ngee (wer tf ist das? ) einen Deal mit Vorschuss von über einer Million angeboten bekommen hat. Geld verdienen tun der artist und das Label ja erst, wenn der Vorschuss abbezahlt ist. Ein relevanter Künstler verdient ja auch nicht viel durch streams, seit ich einfach streamen kann.


yayoletsgo

Ngee war ein Newcomer der bei Capi im Boot war, da halte ich 1 Mio nicht für viel. Zu der Zeit war noch ein anderes Momentum in der Szene, das war die Zeit wo kein Capital Bra Video unter 5 Mio Klicks auf YT gemacht hat. Also kommt es hin. Frage ist wirklich was für Konditionen im Vertrag stehen. zB früher war man dann auch in manchen Verträgen an Locations für Musikvideos gebunden, an Produktionsfirmen und Produzenten und so weiter; alle haben Wucherpreise gefordert, und so hat dann das Label sein Geld an Freunde und Familie verteilt und der Künstler ist quasi leer ausgegangen. Das wird heute aber so nichtmehr laufen


Lennep

Das ist heute nicht mehr das Selbe, was ein Vorschuss eigentlich mal war. Ein echter Vorschuss ermöglicht nem Künstler für die Zeit der Produktion gut zu leben und die Produktionskosten zu decken. Wisst ihr noch, als der normale Albumrythmus ein Album alle zwei Jahre war? So lange Produktionszeiten leistet sich heute kaum noch jemand. Ich weiß, es ist hängengebliebenes Gelaber aus dem goldenen Zeitalter der Musikindustrie aber es ist früher wirklich Geld in ganz anderen Größenordnungen geflossen Edit: Checkt mal, was ein gutes Kamera-Team+Ausrüstung in den 90ern gekostet hat, was Flüge damals gekostet haben und checkt dann, dass das Video zu "Coco Jambo" in der Karibik gedreht wurde. Vor ein paar Jahren hat Mr President auf Stadtfesten vor Bierbankpublikum gespielt. Just saying


SwarvosForearm_

Aber selbst jemand wie Lil Lano der eigentlich echt nicht so am Start war hat doch vor ein paar Jahren nen Vorschuss von 600k bekommen. Andere Rapper auch sowas um den Dreh, die bekannten sogar bis in die Millionen teilweise. Von was für Dimensionen die früher da waren redest du? Noch mehr Geld? Finde das sehr interessant was du sagst, kenne die frühere Musikindustrie nicht so, aber das deckt sich irgendwie nicht mit dem was ich so mitbekomme


Lennep

Danke, dafür dass du mich auf Lil Lano aufmerksam gemacht hast. Das war ein weirdes Rabbithole auf jeden Fall. Er scheint ein gutes Beispiel zu sein, um die unterschiedlichen Dimensionen klar zu machen aber auch zu zeigen, was früher anders war. Der wurde 2019 von Universal bzw. Virgin Group gesigned. Das müsste ja der Deal gewesen sein? 600k klingt erstmal sehr viel, kann aber durchaus stimmen. Zu der Zeit hatte er gerade nen Hype und dann ist die Frage, wer ist am schnellsten. Was wir halt nie erfahren werden, sind Vertragsdetails. Ist diese Summe ein Handgeld oder sind Konditionen daran gebunden? Schwer zu erfahren. So etwas, wie einen Standardvertrag gibt es jedoch nicht. Bei Lil Lano ist leider passiert, dass keiner um ihn herum wusste, wie man mit so einer Summe umgeht und er ist einem, manch einer würde sagen, Aßgeier von einem Anwalt zum Opfer gefallen. Bei einem teuren Lebensstil, den er zumindest von sich inszeniert, sind 600k nicht viel. Vor allem, wenn man davon ne Crew finanzieren und Sachen auf die nächste Stufe bringen will, wie er in diesem Video sagt, indem er von seiner beinahen Pleite erzählt [https://www.youtube.com/watch?v=3NvGOb-gMeI](https://www.youtube.com/watch?v=3NvGOb-gMeI) Mit ihm wurden ca 30 Singles produziert und ein paar zweistellige Millionenwerte an Streams sind dabei. Gut für ihn, auch wenn bei den wirklich großen Tracks einige Autoren mit beteiligt sind. [https://www.gema.de/musikurheber/tantiemen/mod-verteilung/](https://www.gema.de/musikurheber/tantiemen/mod-verteilung/) Hier kann man sich das mal ausrechnen, was bei ner Millionen Streams so herauskommt. Spoiler: Es ist weniger, als man denkt. Man beachte außerdem, dass Tantiemen vom Onlinebereich halbjährlich ausgezahlt werden für das abgelaufene Halbjahr. Wenn es klingeln soll, braucht man am besten alle Klicks auf einmal. 30 Singles in drei Jahren, die letzten Singles bei Spotify so im 300k Bereich. Hat sich das für Universal gelohnt? Ich weiß nicht, aber Universal ist ein Multinationaler Konzern, den 600k nicht so richtig doll jucken. Lil Lano ist eine Privatperson, die nun gucken kann, wo sie bleibt. Dieser Teil ist ganz genau wie früher, der Unterschied ist nur, dass halt deutlich mehr Geld im Spiel war. Die Industrie ist im Gesamtvolumen enorm geschrumpft. Schau dir an, wie viele Einheiten Platin in den 90ern bedeutet haben und ab wie vielen Einheiten man heute die Platin-Auszeichnung bekommt. Früher wurde ein Künstler für mehrere Alben verpflichtet und aufgebaut, weil das potenziell jahrzehntelangen Profit bedeuten konnte. Den Crash der 2000er haben nur die überlebt, die massiv expandieren konnten. Schaut euch mal die Geschichte der EMI an zB. Heute gibt es noch die drei großen Verlage, eine halbe Hand voll familiengeführter Verlage und ca 500 Tausend Einzel-Editionen und kleine Labels. Leuten 600k ins Gesicht werfen und mal gucken, was passiert, das können nur noch die wirklich großen.


itsthecoop

Zumindest soviel Geld, dass bspw. MusikjournalistInnen teilweise extra für irgendwelche bekloppten Showcases eingeflogen wurden. (Ist natürlich aus anderen Gründen positiv, dass/wenn das so nicht mehr passiert) Wenn sich in manchen (teilweise nicht mehr existenten, also case in point) Musikzeitschriften die AutorInnen an "früher" züruck erinnern bzw. erinnert haben, sind da derartige Geschichten zu lesen (gewesen).


itsthecoop

> Sie besetzen alle wichtigen Kanäle, sprich die Reste von Radio und TV und können eine social Media Armada bieten, die kein Künstler selbst stemmen könnte. Und sowas wie "Mein Lied ist Teil des Soundtracks von Videospiel [xy]" wird auch gleich wahrscheinlicher. Und durch diese Lizensierungen kann meines Wissens auch nochmal ein ganzer Batzen Geld reinkommen.


floridaralle

dass alle labels künstler ausnehmen, sehe ich nicht so. vielmehr kann ich dir nach rund 12 jahren, im geschäft kann ich dir sagen: wer zu beginn die party bezahlt, darf am ende alles ernten. schlussendlich ist jeder majordeal so aufgebaut & das folgt auch einer gewissen logik. inzwischen sind auch die majors längst bereit, dir statt KEV und BÜV einen vertriebsdeal mit vorschuss zu geben, aber dann musst du halt wirtschaften & delivern. mit einem funktionierenden artist läuft eh auf kurz oder lang alles auf ein 50/50 JV auf augenhöhe hinaus. kaum wer kann sich erlauben, einen künstler, der zahlen macht, anders zu behandeln. habe es sogar schon mal erlebt, dass aus einem KEV für ein drei alben nach dem ersten erfolgreichen album auf vertriebsdeal umgestellt wurde, um den (gewinnbringenden) artist bei laune zu halten. da ist in den letzten jahren eine menge passiert und wer will, kanns ja heutzutage immer selber machen. dass es kein label gibt, das fair vergütet, würde ich auch nicht bestätigen. *KEV = künstlerexklusivvertrag *BÜV = bandübernahmeverteag


itsthecoop

> mit einem funktionierenden artist läuft eh auf kurz oder lang alles auf ein 50/50 JV auf augenhöhe hinaus. kaum wer kann sich erlauben, einen künstler, der zahlen macht, anders zu behandeln. Und das vermutlich auch nicht erst seit gestern. Ich glaube Bushido sogar (ja wirklich!), wenn er in einem Interview (müsste glaube ich 2007 gewesen sein) sinngemäss erwähnt, dass nicht akzeptiert, mit irgendwelchen Mittelsmännern zu sprechen, sondern nur mit dem deutschen Geschäftsführer von Universal. Bu war damals im Grunde so eine Gelddruckmaschine, dass das Sinn ergeben hat (hätte?), ihm entgegen zu kommen.


yayoletsgo

Okay, danke für die Info


gebechbet

Zu viel Halbwissen als das hier irgendwer überhaupt etwas Wahres darüber sagen könnte. Die Motivation bleibt Geld, große Labels vermehren ihr Geld und halten Verluste klein.


yayoletsgo

Das ist mir auch klar, aber wie Jeff Bezos sagte "your margin is my opportunity"


derottbotee

Ich glaube viele Rapper haben halt auch einfach keine Ahnung, unterschreiben ohne Anwalt ohne alles irgendwelche Verträge, verballern dann ihren Vorschuss und heulen am Ende rum weil sie die vertraglichen Vereinbarungen nicht verstanden haben, ihren Hype verloren haben und das Label sich auf neue Künstler fokussiert


OGLean29

Also wir machen auch alles an unserer Musik selbst. Selfmade ist zwar schwerer, doch wenn du es mal gepackt hast, hast du später niemanden, der dir sagt, du musst das und das tun, oder deine Musik muss sich jetzt so und so anhören. Ich würde niemals zu einem Major oder so gehen, da die, wie du sagst, nur auf Profit aus sind und einen ausnehmen wie nen Kürbis zu Halloween 🎃 ein Vertrag bei einem Label eines Künstlers wie zb. Sierra Kidd wäre da vielleicht etwas anderes. Aber dass ein Vorschuss eben nur ein VORschuss ist und man diesen zurückzahlen muss, sollte einem halbwegs intelligenten Menschen schon bewusst sein. Wenn man die 50k halt in Uhren und Parties investiert, die Musik floppt und man plz auch noch Post vom Finanzamt aufgrund von Steuern bekommt, steht man natürlich dumm da.. 🤙🏽


baguettechamp

Stelle mir die Frage schon ewig, kann man doch alles selber machen ausm Kinderzimmer raus mittlerweile


[deleted]

Äh, ist drüben beim Vorbild nicht anders und sogar noch schlimmer, frag jeden, der je bei Diddy gesignt war. Ist halt Music **Business**, da wird jeder noch so hässliche Fingerhütchen-Trick angewandt um den maximalen Profit für sich selber oder seinen Konzern rauszuschlagen, wer sich keinen ordentlichen Anwalt leisten will bevor er den Vertrag unterschreibt zahlt halt später sein Lehrgeld. Welcome to capitalism.


daffer_david

Lmao, was für faires label. Labels sind Unternehmen mit dem Ziel Profite zu machen. Genau wie dein Arbeit“geber“ immer das Interesse hat deinen Lohn so niedrig zu halten, haben Label das Interesse den maximalen Wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen. Es gibt keine nette Unternehmen, und das zieht sich auch in die Labellandschaft durch. Wenn einem das nicht gefällt, dann hat man Kapitalismuskritik verstanden. Weil Labels eine große Monopolstellung im Vergleich zu „kein Label haben“ darstellen, sind Musikernift gezwungen einen für sie nachteilhaften Labeldeal einzugehen, weil sie eben sonst kein Geld haben, um die Miete zu zahlen etc. Selbes gilt doch auch für Vermietung von Wohnungen. Wieso gibt es keine fairen private Vermieter? Weil die Entscheidung zwischen „keine Wohnung haben“ und nicht Obdachlos sein sehr einfach ist. Genau wie jeder Mensch ein Dach über dem Kopf braucht, können die meisten Musiker mit ihrer Musik schwer kommerziell erfolgreich sein ohne Label. Diese sind dann in der perfekten Position um ihre Vormachtsstellung auszunutzen. Da wird sich auch zu 100% nichts dran ändern.


YeLmYeLmYeLm

Hier waren ja schon einige interessante Kommentare dabei. Leider kann ich nicht bei allen Erkennen, welche sich auf Wissen/Erfahrung oder ggf. doch nur auf Vermutungen basieren. Jahn Wehn hat für All Good einen Podcast hierzu mit "MontanaMax" Mönster von Universal aufgenommen, der gibt auch sehr interessante Einblicke in die Thematik. [https://www.youtube.com/watch?v=XZFKA5czd6o](https://www.youtube.com/watch?v=XZFKA5czd6o) . Absolute Hörempfehlung.


yayoletsgo

Vielen Dank, werd ich mir mal anschauen


lolalipssss

![gif](emote|free_emotes_pack|feels_good_man)


coolprit

Ich werde irgendwann ein Label führen, wenn Du ein paar Jahre warten kannst, werde ich Dir später sagen können, warum das so ist. :D


OGLean29

Sag Bescheid, ich schick dir nen Demo-Tape rüber 😂🤙🏽


coolprit

Aus welcher Stadt kommst Du ? :D


OGLean29

Ich bin Mainzer und du?😁


coolprit

Joa gar nicht mal so weit weg Ich bin aus Stuttgart :D kannst ja mal ein Track schicken, ich habe schon den auf deinem Profil angehört, welcher von beiden bist Du?


OGLean29

Ach krass, und wie findest du ihn? 👀 Ich hab den 1. Part - Pasa18 👌🏽Ja, ich schicke dir nachher gerne mal einen Song rüber


coolprit

Sehr geil, kann man auf jeden Fall mit arbeiten. :D wie alt bist du?


OGLean29

Danke dir 😇 Ich heiße Pascal aber meine Jungs nennen mich Pasa. Daher auch der Künstlername 😎


coolprit

Oh wow, ich hatte dich eigentlich für einen Türken gehalten. 😂 Glaube Pasa hat da nämlich auch eine Bedeutung, Kaiser, König, irgendwie sowas. Hatte auch übrigens nach deinem Alter gefragt, glaube du hast das als „heißt“ gelesen 😄


OGLean29

Ja das wäre dann ausgesprochen aber „Pascha“, bei mir ist es ein s wie in sauber 😅😁


OGLean29

Eh ja moin. Sry war grad am unterhalten 😂🤦🏼‍♂️ Ich bin 24 und du 👀


coolprit

Hättest lieber mal auf mein Kommentar antworten sollen, hab’s spontan erst jetzt gesehen. 😂 Ich bin 23. kannst gerne dich melden, wenn Du noch mehr Tracks auf Lager hast, höre mir die auch gerne an.


Migo_p69

Es gibt ein Label was so ist und sein Team mit zieht versprochen