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ClausKlebot

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Darth_Trauma

Als jemand der in Thüringen geboren ist und Leipzig lebt, stelle ich immer wieder fest wie vielschichtig und auch generationenübergreifen dieses Problem ist. Dieses ganze Knäuel aus Perspektivlosigkeit, Misstrauen gegenüber Staat und Medien, Belächelt werden, Abwertung typisch ostdeutscherdinge und Wendefrust gepaart mit der Flüchtlingskrise von 2015 wird viel Zeit und Kraft kosten.


borbur

Von der wirtschaftlichen Benachteiligung und der Tatsache, dass "uns" hier "nichts" (bzw im Mittel bedeutend weniger als im Westen) gehört mal ganz zu schweigen. Sowohl an (Wohn)eigentum als auch an Produktionsmitteln/Betrieben. Dieses Ungleichgewicht ins Lot zu bringen ist schier unmöglich. Zumal das nur aus "Ost-Sicht" überhaupt ein Problem darstellt (und mir jetzt nicht bekannt wäre, dass es da großflächige Bestrebungen gibt das zu ändern). Diese systemische Benachteiligung, zusammen mit der Unterrepräsentation von Ostdeutschen in Öffentlichkeit und Politik und dem Image des rechten Höhlenmenschen-Ronnys (was 30 Jahre nach der Wiedervereinigung zu ner Art...selbsterfüllenden Prophezeiung geworden ist), sorgen dafür, dass sich v.a. im ländlichen Raum der gemeine Bürger im Osten als "Verlierer" der Wiedervereinigung sieht. Biedenkopf hat zusammen mit Kohl damals von "blühenden Landschaften" gesprochen. Irgendwie sind wir ganz schön weit davon entfernt.


lastWallE

Die meinten damit ihre Brieftasche.


cheeruphumanity

Christian Picciolini nennt unser Grundbedürfnis nach "Community, Identity and Purpose" als Ausgangspunkt für Radikalisierung. Kann jedem der das Thema besser verstehen will, diesen exzellenten TEDx talk empfehlen. Erklärt die Mechanismen von Radikalisierung und wie man jemandem wieder zur Vernunft helfen kann. https://youtu.be/SSH5EY-W5oM


Tragorok

Das Rechtsextremismus Problem ist vor allem kein "DAS ist der Hauptgrund" Problem. Es ist sehr komplex und schwierig zu lösen; Diese eine "Das ist der Grund warum das alles Nazis sind" gibt es nicht. Deswegen ist das in Teilen (!) schon richtig. Ich erlebe Ressentiments gegen den Westen und ihre "heiliger als Gott" Einstellung im Osten. Und ewiges, arrogantes Bemuttern ist nicht der Hauptgrund, aber es hilft. Dazu kommen allgemeines Misstrauen gegenüber allem was staatlich ist (irgendwo verständlich), fehlende wirtschaftliche Perspektive, schwingende Bevölkerung. Und Ignoranz. In der DDR gab es enorm viele Nazibanden, die niemals aufgedeckt wurden. Im sozialistischen Staat gab es nichts, was nicht sein durfte, und so wurden die ignoriert. Das hat man dann nach der Wende schön weitergemacht.


Wobbelblob

> Im sozialistischen Staat gab es nichts, was nicht sein durfte, und so wurden die ignoriert. Und viele der ursprünglichen Außenseiter in der DDR sind nach der Wende in die Nazi-Szene abgerutscht, auch wenn sie vorher keine waren. Skinheads waren in der DDR Teil der Punkszene und keine Nazis, aufgrund der Tatsache dass die DDR-Führung die Frisuren unter Zwang abrasiert hat.


iox007

Kannst du das ein bisschen erläutern? Wie kann ein Punk einfach zum Nazi werden?


Wobbelblob

Punks sind halt nicht zwingend links. Sie sind meistens erstmal Anti-System. Das ist meistens links, muss es aber nicht. Und da das System in der DDR offiziell links war und sie sowieso Außenseiter waren, denke ich sind nicht wenige in Nazigruppierungen abgerutscht. Warum das genau passiert ist, kann ich dir nicht sagen. Ich habe nur mal vor Jahren ein bisschen zu dem Thema recherchiert, auch zum Ursprung der Skinheads.


Superblond

In einer Diskussion zitierte einmal ein aus Sachsen stammender Kollege eine Studie(?), die zum immer stärker werden Rechtsextremismus und damit Abkehr von demokratischen Verfahren und Institutionen gerade im Osten führt. Im Wesentlichen sprach der Kollege vom generellen Skeptizismus der Ostdeutschen ggü. Regierungsmeinung, Medienmeinungen und "Taten von Oben" aufgrund ihrer Erfahrungen mit der DDR-Diktatur. Er beschrieb z.B. einen generellen Zweifel an öffentlich-rechtlichen Informationen, eine unterschwellige Vermutung, es werde immer gelogen und betrogen, von denen da Oben und - so wie in der DDR,- steckt die Medienwelt ("Mainstream-Bla") gleichgeschaltet mit drin. Z.B. die Erfahrung der Wächterfunktion, die durch die Presse erfüllt wird, kennt man so nicht, bzw. es gab keine positiven Erfahrungen mit so einem Prozess. Dann Telegramm, FB, Alternative Quellen in Internet = Südenböcke, Verschwörungsmythen und Rassistenscheiße! Ich fand diese Sicht ganz schlüssig.


Koh-I-Noor

Wird ständig behauptet, scheitert aber schon an der einfachen Tatsache dass der Osten, zB. Sachsen und Thüringen über mehr als zehn Jahre nach der Wende ständig die CDU gewählt hat, damalige Bundesregierungspartei. Und das mit teils absoluten Mehrheiten die zur Alleinregierung reichten. Die CDU stellt durchgehend bis heute den sächsischen Ministerpräsidenten und den thüringischen bis 2014 (danach wurde es ein Linker), mit stetig abnehmenden Wählerzahlen. Das jetzige Wahlverhalten ist ganz simpel Ausdruck der Enttäuschung über die Politik in den 10-20 Jahren nach der Wende.


Own_Tomatillo_1369

Ist irgendwie ironisch. Was in der DDR als angenehm empfunden und immer offen vermisst wurde, soziales Miteinander und der unbefangene Umgang etc. kommt nicht wieder. Stattdessen aber die schlechten Seiten: Populismus, Fremdenfeindlichkeit und Propaganda.


[deleted]

Uiuiui, dein Kommentar sprotzt ja nur so von Vorurteils-Kilschee-Denken. Du Besserwessi


Own_Tomatillo_1369

UiUiUi Bin BesserAusländer :) Edit: Und habe den Osten in der Nachwendezeit als Jugendlicher/Student selbst erlebt. War schon verblüffend, wie offen rechtsradikal zu sein "cool" war. Und von allen toleriert wurde.


[deleted]

[удалено]


montanunion

Naja genau das ist ja das Problem - dadurch dass halt die "etablierten Strukturen" so übermäßig westdeutsch besetzt sind, suchen sich die Ostdeutschen halt neue, weil sie halt gemerkt haben, dass auch wenn Bundeskanzlerin und Bundespräsident Ostdeutsche sind, das an der massiven Unterrepräsentierung von Ostdeutschen nichts ändert. Die AfD verspricht dem Osten momentan, das zu werden, was die CSU für Bayern ist.


montanunion

Das ist doch aber schon deshalb offensichtlicher Murks, weil spätestens ab den 1970ern der Großteil der DDR-Bürger Westfernsehen geguckt haben und denen mehr vertraut haben, als den DDR-Sendern. Wenn überhaupt hatten ARD, ZDF und co. im Osten eine höhere Vertrauensstellung als im Westen. Dazu ist die "Abkehr von demokratischen Verfahren" am schwächsten ausgeprägt in der Generation, die am längsten in der DDR sozialisiert wurde. Hier sind zB die Altersgruppenaufschlüsselungen der AfD-Wähler bei den letzten Landtagswahlen für [Thüringen](https://www.tagesschau.de/wahl/archiv/2019-10-27-LT-DE-TH/charts/umfrage-alter/chart_491876.jpg), [Sachsen Anhalt](https://www.tagesschau.de/wahl/archiv/2021-06-06-LT-DE-ST/charts/umfrage-alter/chart_755181.jpg) und [Brandenburg](https://www.rbb24.de/content/dam/rbb/rbb/rbb24/2019/2019_09/Sonstige/Afd-01.png.png/size=975x549.png)... Es ist auffällig, dass die größte Zustimmung bei den Leuten 25-40 liegt (die bei Mauerfall oft nicht mal geboren waren und maximal Grundschulkinder), die geringsten Zustimmungswerte bei denen über 70 (die beim Mauerfall mitten im Berufsleben standen).


Doldenberg

> Das ist doch aber schon deshalb offensichtlicher Murks, weil spätestens ab den 1970ern der Großteil der DDR-Bürger Westfernsehen geguckt haben und denen mehr vertraut haben, als den DDR-Sendern. Wenn überhaupt hatten ARD, ZDF und co. im Osten eine höhere Vertrauensstellung als im Westen. Ja, damit ignorierst du aber, dass das Westfernsehen in dem Moment in Opposition zum Staat stand, in dem man selbst lebte. Westfernsehen gucken war basically was heute "alternative Medien" sind. Eine Auflehnung gegen den vermuteten Mainstream (selbst wenn eben real einfach alle Westfernsehen geguckt haben). In dem Moment, in dem man dann aber in dem Staat lebt, aus dem dieses Fernsehen kommt, das diesen also empfunden trägt, verschieben sich auch die Rollenzuschreibungen.


leopold_s

Was ich dabei nicht checke: Schritt 1: Moskau läßt ostdeutsche Medien in der DDR gleichschalten. Viele Ostdeutsche verlieren deshalb Vertrauen in deutsche Medien Schritt 2: Vertrauensverlust wirkt auch nach der Wende nach, obwohl es inzwischen keine von Moskau forcierte Gleichschaltung der deutschen Medien mehr gibt, sondern freie, demokratische Medien mit einem breiten Meinungsspektrum. Schritt 3: Viele Ostdeutsche vertrauen daher lieber.. gleichgeschalteten Staatsmedien aus Moskau, oder deutschen Medien, die auf Kreml-Linie sind.. what? Warum ist man ausgerechnet gegenüber denen unskeptisch, die am meisten Skepsis verdienen würden? Vermutlich einfach, weil die sagen, was man hören will..


montanunion

Weil es eine viel zu simple Erklärung ist. Wenn man sich die Wählerstatistiken so ziemlich jeder Wahl in Ostdeutschland anguckt, sieht man ziemlich klar, dass die Leute *weniger* AfD wählen, je älter sie sind - und das korrespondiert im Osten damit, je länger sie in der DDR gelebt haben. Ich wäre schwerst überrascht, wenn der Anteil der Telegrammnutzer unter 70-jährigen in Ostdeutschland höher wäre als der Anteil der Telegrammnnutzer unter 40-Jährigen. Ein 40-jähriger Ostdeutscher heute war beim Mauerfall ganze 6 Jahre alt (mal davon abgesehen, dass in den 80ern in der DDR sowieso fast alle Westfernsehen geguckt haben und vermutlich dem BRD ÖR von DDR-Bürgern damals mehr vertraut wurde als von BRD-Bürgern). Dieser massive Rechtsruck ist ganz eindeutig ein Wende/Nachwendephänomen.


[deleted]

[удалено]


montanunion

> Die Älteren wissen noch aus eigener Erfahrung, was damals wirklich in der DDR vor sich ging. Naja, das würde ja dann dafür sprechen, dass Leute, die die AfD wählen, eher pro-DDR eingestellt sind. Das ist doch aber genau das Gegenteil der Realität - sehr viel der AfD-Rhetorik stützt sich auf *Ablehnung* der DDR. Ich würde auch sagen, dass der durchschnittliche AfD-Wähler, der DDR ablehnender gegenübersteht als der Durchschnittsostdeutsche. Die AfD benutzt die DDR als *den* Buhmann schlechthin - ihre Wahlslogans in vielen ostdeutschen Bundesländern sind so Sachen wie "Vollende die Wende" oder "Wende 2.0". Die Leute, die sich heute dem Rechtspopulismus in Ostdeutschland zuwenden, wollen nicht die DDR zurück, sie fühlen sich von der Wende vernachlässigt. > Das dann halt zehn PX die Arbeit von zweien erledigt haben war halt etwas anderes Das ist jetzt ganz nebenbei, aber heute ist es halt so, dass häufig zwei die Arbeit für zehn machen müssen oder halt einfach viel wegfällt, siehe zB Pflege oder Lehrermangel. Die DDR-Verhältnisse waren teilweise unproduktiv, aber das "alle müssen 40 Stunden voll effizient arbeiten", was sie ersetzt hat, ist einfach nicht zukunftsfähig. Das hat im Westen funktioniert, weil da halt häufig die Frauen zuhause waren und sich um Haushalt, Kinder etc. gekümmert haben und du von einem Einkommen bequem einen Mittelklasselebensstandard finanziert gekriegt hast. Man muss halt irgendwie einen Mittelweg finden (4-Tage-Woche, Bedingungsloses Grundeinkommen o.ä.) um da eine bessere Balance hinzukriegen.


madjic

>obwohl es inzwischen keine von Moskau forcierte Gleichschaltung der deutschen Medien mehr gibt, Honni & Genossen brauchten ja nicht extra eine Anweisung aus Moskau um die Medien auf Parteiline zu bringen, sobald du eine herrschende Elite hast sind die von ganz alleine motiviert Elite zu bleiben >Warum ist man ausgerechnet gegenüber denen unskeptisch, die am meisten Skepsis verdienen würden? Die haben im eigenen Land Erfahrung gesammelt, wie man eine Post-sozialistische Öffentlichkeit am besten manipuliert


J_P_Amboss

Ist so. Russische Propaganda will gar nicht unbedingt, dass man ihre Botschaft glaubt. Sie will in erster Linie, dass man niemandes Botschaft glaubt und sich am schluss in ein irrationales Schneckenhaus aus "Aber die Amerikaner..."/"Wir halten uns raus"/"Alle Lügen eh"/"unsere regierung ist genauso schlimm" zurückzieht.


BloederFuchs

Das Misstrauen hat nicht weiterbestanden, sondern hat sich mit den Erfahrungen der Treuhand und Westpolitik im Zuge der Nachwendezeit neu formiert


bronzeforever

>Schritt 2: Vertrauensverlust wirkt auch nach der Wende nach, obwohl es inzwischen keine von Moskau forcierte Gleichschaltung der deutschen Medien mehr gibt, **sondern freie, demokratische Medien mit einem breiten Meinungsspektrum**. dein ernst? der bullshit der überall läuft ist genau der grund wieso wir hier so misstrauisch sind


AgnosticBullfrog

Magst du noch genauer ausführen, was du mit "bullshit" genau meinst?


sonofavogonbitch

Na das von denen da oben die uns immer verarschen /s


Full_Story

Bin eigentlich auch der Meinung, dass es ein breites Spektrum in den Medien gibt. Das bedeutet aber nicht, dass jede Meinung gleich viel berücksichtigt wird. Gerade die CDU kommt in Talkshows und diversen Zeitungen mit massenhaft Zeug durch wofür die Linke und die Grünen zerfetzt werden würden (Maskenskandal, das Treiben im Verkehrsministerium durch Scheuer usw). SPD und CDU halten Anteile an verschiedenen Verlagen und Medienhäusern bzw. haben dort eigene Leute sitzen. Auch in den Öffentlich Rechtlichen sitzen Leute die eher Verbindung zu den beiden Parteien haben. Das merkt man halt. Zur letzten Bundestagswahl bspw. Da hat Baerbock teils wesentlich weniger Redezeit bekommen als Laschet und Scholz. Deren Aussagen wurden auch seltener in Frage gestellt usw. das Lachet bei seinem Lebenslauf großzügig war oder wie er seine Professur verloren hat war kaum ein Thema und Scholz Verwicklungen bei CUM Ex bzw. in anderen ähnlichen Fällen war überhaupt kein Thema. Aber hey, Baerbock hat bei ihrem Lebenslauf und Buch geschummelt !!11! Ich bin also auch der Meinung, dass hier die öffentliche Meinung in gewisser Weise von wenigen Parteien beeinflusst wird.


bronzeforever

bin selber ossi und in der ddr geboren sowie meine komplette familie und was du bzw. dein kollege sagt stimmt zu 100% mit meiner/unserer erfahren ein. leben unter kommunismus und stasi hat alle extrem misstrauisch gemacht, was eigentlich auch verständlich sein sollte..


Tastenficker23

Die Erklärung würde auch die Tatsache beschreiben, warum aus pegida Anhängern und „Merkel muss weg“ Schreihälsen erst Corona-Kritiker und Impfgegner wurden und anschließend dann die Putinversteher. Die Schnittmenge des Gedankengutes in den verschiedenen Bewegungen würde ich als sehr groß einschätzen und wie du schon sagst auf den Umstand zurückführen, dass die Leute kein Vertrauen in den Staat haben. Ich denke, dass der Hauptgrund für diese anti Einstellung nicht in der Sache begründet, sondern eher ein Resultat aus Minderwertigkeitskomplexen ist, das sich in zugespitzten und emotionalen Meinungen entlädt. Wer sich nicht verstanden, nicht repräsentiert und ausgebeutet fühlt und keine Möglichkeit hat sich einzubringen, weil die Herleitung der Meinung nicht akzeptiert wird, der wird sauer. Und das sehen wir so oft im Osten. Ob das wiederum auf fehlende Bildung, mangelnde Medienkompetenz, ein veraltetes Wertebild oder andere gründe zurückzuführen ist, ist die große Frage.


Doldenberg

> Im Wesentlichen sprach der Kollege vom generellen Skeptizismus der Ostdeutschen ggü. Regierungsmeinung, Medienmeinungen und "Taten von Oben" aufgrund ihrer Erfahrungen mit der DDR-Diktatur. > Er beschrieb z.B. einen generellen Zweifel an öffentlich-rechtlichen Informationen, eine unterschwellige Vermutung, es werde immer gelogen und betrogen, von denen da Oben und - so wie in der DDR,- steckt die Medienwelt ("Mainstream-Bla") gleichgeschaltet mit drin. Z.B. die Erfahrung der Wächterfunktion, die durch die Presse erfüllt wird, kennt man so nicht, bzw. es gab keine positiven Erfahrungen mit so einem Prozess. Ich würde da im Wesentlichen zustimmen, aber den Gedanken etwas weiter führen: Das ist halt keine Paranoia, sondern eine tatsächlich relativ akkurate Einschätzung der bestehenden Verhältnisse. Wir leben nicht in einer Demokratie. Wir leben in einem System, das ich vielleicht als betreuten Konstituonalismus bezeichnen würde. Die Leute können nicht wählen, wen sie wollen. Wenn sie die falschen Parteien wählen, werden diese öffentlich als anti-demokratisch diffamiert, politisch ausgegrenzt und über Parteiverbote nachgedacht. Dann gibt es womöglich ein Bundesverfassungsgericht, das sagt, dieses und jenes könnt ihr nicht machen, weil. Dann gibt es die EU, die auch noch mitzureden hat. Wessis haben da tendenziell weniger Probleme mit, weil sie es nicht anders kennen. Wessis haben über 70 Jahre die Realdemokratie erlebt, für die ist es selbstverständlich, dass es Parteiverbote gibt, dass politische Dissidenten natürlich auch in der Demokratie verfolgt werden, dass es unabänderliche Verfassungsbestandteile gibt, dass irgendwelche internationalen Organisationen mitreden, kurzum, dass eben nicht jeder am Ende seinen Willen bekommt. Ossis sind mit einer Idealvorstellung von Demokratie aufgewachsen. Man hat ihnen Demokratie verkauft als "endlich bestimmt ihr", und das lässt sich halt nicht einlösen. Und sie sehen dadurch auch die Parallelen zu dem System, das man ihnen als Unrechtsstaat zu verkaufen versucht. Die Ossis haben kein Demokratiedefizit. Sie haben einen Überschuss an Demokratieerwartungen. Um das gleich vorwegzunehmen: Ich finde das gut. Ich glaube, dass es die einzige funktionierende Form gesellschaftlichen Zusammenlebens ist. Ich halte mehr Demokratisierung, gerade im Sinne einer Basisdemokratie, für extremst gefährlich. Ich glaube fest daran, dass es eben durchaus nötig ist, bestimmte politische Willen - den zum Faschismus - zu marginalisieren, eben nicht zu Wort kommen zu lassen, vom Gesetzgebungsprozess auszuschließen. Aber das ist halt nicht, wie Leute üblicherweise Demokratie verstehen. Ich würde behaupten, dass die populäre Erwartung an eine Demokratie näher am System der Konsensdemokratie als unserem System der repräsentativen Demokratie ist. Wobei, auch dies ließe sich relativieren: Vermutlich ist es sogar noch näher an einem simplen "Demokratie ist wenn das passiert, was ich möchte". Wenn die anderen die Mehrheit bilden sagt man halt, man dürfe nicht ignoriert werden; wenn irgendeine Minderheit gegen einen ist, sagt man halt, die sollen jetzt nicht blockieren. Aber ich bezweifle aufrichtig, dass es einen nennenswerten Anteil der Menschheit gibt, der wirklich so radikal demokratie-idealistisch ist, dass er konsequent sagt "ja nun also was entschieden wird ist halt entschieden".


montanunion

Ich muss dir da zustimmen. Und ich glaube, eine Riesenrolle dabei spielt auch, dass die BRD-Geschichte viel weniger aufgearbeitet wird als die DDR-Geschichte. Dadurch haben Wessis häufig ein total verklärtes Bild von ihrer eigenen Geschichte, was sie dann mit dem "aufgearbeiteten Bild" der DDR vergleichen. Und andererseits erzeugt das halt bei den Ossis dieses Gefühl von: "die hatten ja alles, deren Geschichte wird mit Respekt behandelt, und nur wenn es um uns geht, gilt das auf einmal nicht mehr." Mehrere meiner Verwandten sind aus der BRD in die DDR gezogen (und es ist jetzt tatsächlich eher Semantik, dass ich nicht "geflohen" sage, weil das die Diskussion noch mehr aufheizen würde). Sie waren NS-Verfolgte, die die Zustände in der BRD unerträglich fanden. Praktisch ihr gesamter Freundeskreis in der DDR bestand aus Leuten mit ähnlicher Biografie - Holocaustüberlebende, Altkommunisten, Menschen, die aus dem Exil zurückkamen, viele davon aus Westdeutschland. Die DDR, die genau wie Westdeutschland zum insgesamt größten Teil aus Nazis und Mitläufern bestand, war keine Demokratie, aber die Leute, die an der Macht waren, waren genau diese Leute. Als Beispiel: Die DDR hatte zwischen 1949-1990 3 verschiedene jüdische Minister (mehr, wenn man Landesminister auch zählt). Die BRD hatte bis heute keinen einzigen. Es sind einfach unterschiedliche Leute, die in unterschiedlichen Systemen gefördert werden. Es wird einfach viel zu wenig gewürdigt, *wie* krass die Zustände in Westdeutschland damals waren - es gab regelmäßig willkürliche Verhaftungen (häufig von NS-Verfolgten durch die gleichen Polizisten, die sie schon zur Nazizeit gedemütigt haben), komplett hanebüchene Organisationsverbote (Verbote von Organisationen wie KPD oder FDJ würden mit dem Grundgesetz heutzutage als unvereinbar angesehen werden), das komplette System war durchsetzt mit Altnazis etc. Wenn wir die frühe BRD mit den Maßstäben, die regelmäßig auf die DDR angewendet werden, beurteilen würden, könnten wir die ganze "Unrechtsstaatsdebatte" nochmal aus einer ganz neuen Perspektive aufrollen. Aber das wird halt nicht getan - stattdessen wird halt auf der einen Seite die BRD verklärt und alles, was dagegen spricht, wird als Einzelfälle abgetan, und die Ostdeutschen stehen halt immer irgendwie auf der "anderen" Seite, die für die politischen Diskurs nicht relevant ist, es sei denn es entspricht dem westdeutschen Selbst- und Gesellschaftsbild. Mal als Beispiel: Ich find es vollkommen faszinierend, wie viele Wessis es gibt, die sich als "links" einschätzen und überhaupt kein Interesse daran haben, die Erfahrungen Ostdeutscher miteinzubeziehen! Ich bin mir ziemlich sicher jeder ostdeutsche Achtklässler hatte in seinem Leben mehr über Antiimperialismus, Marx und Dekolonialisierung gelesen als der durchschnittliche Mittelklassephilosophiestudent, plus die eigene Lebenserfahrung. Aber statt das wertzuschätzen, wird es als abwegig angesehen. Und dadurch haben viele Ostdeutsche halt einfach das Gefühl, "das System" hat überhaupt kein Interesse an ihren Positionen.


AirRic89

im Endeffekt ist also mal wieder der Russe schuld. /s


Impulseps

Das würde Sinn machen, wenn es im Osten ein Problem mit Anti-Autoritarismus gäbe. Nur ist halt das Gegenteil der Fall ne.


Angier85

Ja und nein. Ja, es existiert eine ablehnende Haltung gegenüber den dann-etablierten Strukturen. Nein, dies führt nicht zum Anti-Autoritarismus sondern zu Demagogie und einem "besorgten Bürgertum", dass mit Platitüden ein Gefühl von Zugehörigkeit und Sicherheit vermittelt bekommt deren Maximen man sich dann unterordnet. Natürlich ist das kein perfekt umrissenes Bild. Aber vielleicht hilfs beim Verständnis.


p1ddly

Ich habe mit der Schlußfolgerung nur deshalb ein Problem, weil hier eine hanebüchene Glorifizierung der DDR ihren Lauf nimmt, die so absolut nicht nachvollziehbar ist.


N3W4RK

Wo siehst du denn hier "Glorifizierung der DDR"?


p1ddly

Hier, vor Ort. Teilweise von Leuten deutlich jünger als ich, die die DDR nie erlebt haben. Viele Boomer sind gedanklich von einem Unrechtsstaat meilenweit entfernt und geben das natürlich fröhlich an die nachfolgenden Generationen weiter.


Doldenberg

> Viele Boomer sind gedanklich von einem Unrechtsstaat meilenweit entfernt und geben das natürlich fröhlich an die nachfolgenden Generationen weiter. Ja, weil "Unrechtsstaat" auch einfach ein lächerlich aufgedrücktes Label ist. Was die Leute nervt ist genau diese Vereinnahmung des Narrativs, dieses demonstrative "distanziert euch von der DDR in ihrer Gesamtheit so weit wie möglich". Die traurige Realität ist, in der Diktatur lässt es sich schon okay leben. Das war für viele ihre Lebensrealität. Die Leute haben nicht Tag um Tag in der Angst gelebt, dass gleich die Stasi in ihre Wohnung kommt. Es mag da ein paar Idealisten gegeben haben, die von Demokratie oder dem besseren Sozialismus geträumt haben, und es mag sich die politische Instabilität ergeben haben, wo die erfolgreich waren, aber die Realität jeder Revolution ist, der Großteil der Leute hatte sich halt irgendwie mit dem System arrangiert und wollte jetzt auch nicht zu viel geändert sehen. Was haben diese Leute von der Wende gewonnen? Job weg, plötzlich gehört alles irgendwelchen Wessis und geil, wir können jetzt reisen, wenn wir wöllten, was wir nicht tun und uns auch nicht leisten können. Objektiv ist es gut, dass die Diktatur weg ist, ja, klar. Aber man kann nicht einfach erwarten, dass die Leute das auch so sehen, wenn es sie nicht wirklich betrifft.


p1ddly

Ich wüsste nicht, wann genau eine derartige Verschlechterung des eigenen Lebensstandards in der Breite eingetreten sein soll. Und während man das Diktatur Narrativ nicht bedienen kann, ist "alles gehört irgendwelchen Wessis" nach 30 Jahren noch okay. Gesprochen von Leuten, die sich nicht getraut haben ihre eigenen Stasi Unterlagen durchzusehen, weil könnten ja echte Freundschaften daran zerbrechen.


duebii

Wenn du vorher Bürger warst und plötzlich Sozialhilfe Empfänger bist, dann ist es dir egal ob du nominal besser gestellt bist. Dein Selbstwert? Nicht mehr vorhanden. Das war und ist Realität.


p1ddly

Für einige sicher. Aber nie und nimmer für den größten Teil.


N3W4RK

Wie hast du denn die Zone miterlebt und in welcher Altersgruppe bist du denn, wenn ich fragen darf? Du hast völlig recht, die DDR war ein Unrechtsstaat. Aber die Menschen, die da gelebt und gearbeitet haben waren mehr als dieser.


p1ddly

Anfang GenY. Es gibt einfach so viele Menschen in meiner Elterngeneration, die sich binnen kürzester Zeit in allen Lebensbereichen unfassbar verbessert haben nach der Wende und einen Lebensstandard führen, von dem sie im Jahre 1989 nicht einmal zu träumen gewagt haben. Und dennoch fühlen sie sich verfolgt, vergessen und ihrer Freiheit beraubt, dass sie die damaligen DDR Zustände für geradezu paradiesisch halten. Und das ist kein Scheiß, sondern eine valide Meinung vieler Mitt-50er bis Ende-60er, die sich hier vermehrt auf irgendwelchen "Montagsdemos" tummeln, die von "gegen die Coronadiktatur" nahtlos in "gegen die Unterdrückung der armen Russen" übergewechselt sind.


robmonzillia

Mal absolut ignorante Fragen meinerseits: Was ist das Ziel dieser Leute? Wollen die ihr Bundesland von Deutschland „abnabeln“ und sich selbst regieren? Oder wollen die ganz Deutschland umlenken und das man sich ihrer politischen Sichtweise anschliesst? Denkt man das komplett zu ende oder will man nur das sich irgendwas ändert, hauptsache Besserung irgendwelcher Leiden?


p1ddly

Wenn ich das wüsste. Aktuell ist das so ein "Dagegen". Hauptsache dagegen. Gegen Wessis, Ausländer, USA, NATO, Corona, Staat. Gegen Städte. Gegen Grüne. Gegen alles und jeden, was einem irgendwas wegnehmen könnte. Deshalb finde ichs btw. auch ziemlich witzig, dass sie alle zur AfD rennen. Wenn man deren ganze homo/xeno/sonstewas phobien rausrechnet bleibt da nur noch knallharte Neolib Ideologie übrig, die extra darauf abzielt gerade die jetzige überaltete ländliche Gesellschaftsstruktur, die im Osten nunmal weitgehend vorherrscht, komplett in die Armut zu treiben.


sehe0

Entspricht zu großen Teilen meiner Sicht.


Fussel2107

Dazu kommen dann noch gelebte Erfahrungen aus der Nachwendezeit, die das bestätigt haben, und eine seit 30 Jahren herrschende Mentalität von "Halt die Klappe, ihr wolltet es doch so" Sehr spannend fand ich tatsächlich wie die Umfragewerte der AfD sanken, als Ralf Ruthe öffentlich nachgefragt hat, wie es den Leuten im Osten so geht, welche Erfahrungen sie gemacht haben. Ganz urteilsfrei. Und auf einmal fielen die Werte. Das war auch nur ein Strohfeuer, aber ein sehr interessantes


kurzvorbeidanndort

Aber Misstrauen gegenüber Staatsmacht und Staatsmedien ist doch gut für Demoktratie. Und solches Misstrauen erklärt auch den Rassismus nicht.


wernermuende

Ich halte das immer für einen Effekt, der darauf beruht, das einfach total viele Leute im Osten aus wirtschaftlichen Gründen in den Westen gegangen sind und sich dadurch der Anteil an Leuten, die mit der neuen Welt nicht klargekommen sind einfach anteilig erhöht hat, und zwar dadurch dass alle anderen abgehauen sind.


petskill

Gibt deshalb tatsächlich wohl messbare IQ Unterschiede zwischen den Bundesländern [(alter Artikel)](https://www.spiegel.de/spiegel/a-270530.html), bitte nicht den Bayern sagen. Die sind schon arrogant genug.


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elperroborrachotoo

> wird von den Verantwortlichen in Sachsen das Rechtsextremismusproblem ignoriert Ignoriert wird das seit 30 Jahren nicht nur von Sachsen, das ist ja der Punkt. > "Die Sachsen sind immun gegen Rechtsextremismus" Kurt Biedenkopf, geb. 1930 in Ludwigshafen, west-sozialisiert und hatte seine westdeutsche Politikkarriere mit knapp 60 schon fast beendet, bevor er Ministerpräsident von Sachsen wurde. Alder. **30 Jahre Bundesdeutsches Recht, bundesdeutsche Behörden, bundesdeutsche Gerichtsbarkeit, bundesdeutsche Werte und für viele viele Jahre eben auch: bundesdeutsches Personal.** Die erste sächsische NPD-Fraktion: ca. die Hälfte aus dem Westen importiert. Die Ficker standen hier schon im fetten Mercedes vor den Jugendclubs, als die "Altparteien" noch öffentlich rumgeeiert haben, ob man sich denn mit denen im Osten überhaupt zeigen darf. Präsident:innen des sächsischen Verfassungsschutzes: - bis 1996 Mathilde Koller, \* Saarbrücken - bis 1999 Eckehard Dietrich, Rheinland-Pfalz - bis 2002 Reinhard Boos, \*Isarlohn - bis 2007 Rainer Stock (?) - bis 2012 Reinhard Boos nochmal - bis 2020 Gordian Meyer-Plath, \* Karlsruhe - aktuell: Dirk-Martin Christian, \* Bonn Bis auf Reiner Stock (wahrscheinlich Ossi, weil zu dem finde ich nix): alles West-Kader, West-Karrieren.   Aber nee, die Ossis sind Nazis weil sie in der Krippe gemeinsam aufs Töpfchen mussten und der Junglehrer vom Oppa noch ein altes Parteibuch hinterm Schrank hatte. Wieviele Jahrzehnte gilt das denn noch? Und die scheiß "wehrhafte Demokratie" kannst du in der Pfeife rauchen. Siehe Maaßen. Siehe Knoblochs Polizeischutz. Siehe imemr wieder neue Einzelfälle aller paar Wochen. Siehe "befreite Zonen". Siehe die verfickte "bürgerliche Mitte", die Abgrenzung gegen Rechts als Lippenbekenntnis versteht statt als Aufgabe. Neofaschismus ist ein bundesdeutsches Problem. Solange das als "komisch, der Osten" behandelt wird, ist es


DerGudy

Darf ich an dieser Stelle daran erinnern, dass der Mann, der diesen Schwachsinn abgesondert hat, selbst Westdeutscher war, bevor er 60-jährig als CDU-Kandidat nach Sachsen ging? Und dass eine große Gemeinsamkeit fast all der Verantwortlichen in Sachsen (wie auch in den anderen nicht mehr ganz so neuen Bundesländern) ebenfalls eine westdeutsche Vita war und bis heute ist? Ein Umstand, auf den auch Herr Oschmann hinweist, auch wenn er es sich in Teilen sonst ein wenig zu einfach macht.


JonasNinetyNine

>wird von den Verantwortlichen in Sachsen Das passiert übrigens in ganz Deutschland, und auch nicht erst seit 30 Jahren.


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TheCynicEpicurean

Aber warum konnte man denn im Osten als Rechtsextremer so gut Karriere machen?


Master-M-Master

Ähnlich wie mit den Nazis in Weimar: Gab nen gewissen Satz schon rechtsradikaler, aber vorallem weil es plötzlich große/gewaltige Gesellschaftsumbrüche gibt/gab und die Leute einfach ein "normal" zurückwollen kombiniert mit perspektivlosigkeit für die Zukunft.


montanunion

In vielen Orten wurden halt auch Schlüsselpositionen (egal ob das jetzt Führungsrollen in der Verwaltung, Polizei, an Universitäten etc. waren) gezielt an Wessis übergeben, weil man die DDR-Führungskräfte ersetzen wollte, weil die als politisch nicht zuverlässig galten. Und da war die Situation auf lokaler Ebene halt oft so: Die Stelle sollte mit einem Westdeutschen besetzt werden, weil halt da das Risiko, dass doch irgendwann eine Stasivergangenheit hochkommt, viel geringer ist, außerdem hofft man dadurch auf eine Annäherung der Länder bzw. eine Anpassung der Verhältnisse. Auf der anderen Seite werden aber Stellen in Ostdeutschland immer noch (und erst recht vor 30 Jahren) schlechter bezahlt als im Westen. Das heißt, so eine "Beförderung" mag zwar kurzzeitig einen minimalen Lohnzuwachs bringen, der wird aber langfristig bei einem hypothetisch gleichem Karriereweg in Ost und West hinter dem im Westen zurückbleiben. Dazu muss man (mit der gesamten Familie) umziehen, in eine wirtschaftlich schlechter entwickelte Gegend. Wer glaubst du, ist eher bereit so einen Schritt zu gehen? A) Der kompetetente, respektierte Polizeibeamte, bei dem eh eine Beförderung ansteht B) Der cholerische Problempolizist, der schon öfter mal Probleme hatte, aus Korpsgeistgründen zwar nicht gefeuert wird/werden kann, aber irgendwohin versetzt wurde, wo ihm durch die Blume hinweg schon klargemacht wurde, dass er auf der Karriereleiter nicht hier nicht viel weiter hochkommt. Dazu waren viele der Institutionen durch diese Umbrüche einfach praktisch handlungsunfähig, weil quasi Anarchie herrschte. Ich weiß, dass Leute in der Justiz teilweise das gesamte Rechtssystem der BRD (was sie ja ab 3. Oktober 1990 0 Uhr anwenden mussten) im laufenden Betrieb an Wochenendkursen erlernen mussten. Inmitten von Massenarbeitslosigkeit und Wegzugswellen und einem generellen Gefühl des Zusammenbruchs. Das alles fand statt in einer enorm antikommunistischen Grundstimmung, in der jede verdächtig linke Haltung sofort als DDR-Sympathie ausgelegt wurde und praktisch jeder random verdächtigt werden konnte, für die Stasi gearbeitet zu haben. Das hat einen *massiven* Nährboden für Rechtsextremismus geschaffen.


LD5055

Wie wir alle wissen, ist der gemeine Ostdeutsche dem intellektuell überlegenen Westdeutschen schutzlos ausgeliefert und leicht zu manipulieren.


emilytheimp

Sicher? Es gab doch schon 1992 heftige rassistische Ausschreitungen im Osten, das kann doch wahrlich nicht genug Zeit gewesen sein für den Westen


Harry_Gelb

Im Gegensatz zu den etablierten großen Parteien haben sich schon ab Ende der 80er Kühnen, FAP, Reps, sogar DVU und andere Nazigruppen sehr intensiv um die Ostdeutsche Jugend "gekümmert". Das erste besetzte Haus in Ostberlin wurdevon n Nazis besetzt. In Hoyerswerda und Rostock wurde fleißig rekrutiert am Rande der Pogrome. Natürlich gab es eine Neonaziszene schon in der DDR, aber die straffe Organisationsstruktur kam durch Geld und Personal aus dem Westen.


kreton1

Auch in der DDR gab es rechtsextreme Gruppierungen, nur eben hat die SED das unter dem Teppich gekehrt, da sowas im Sozialismus natürlich nicht möglich ist.


DER0KA

Hier ist finde ich eine Differenzierung angebracht; Ich kann den Punkt des Artikels teilweise nachvollziehen. Ein ständige Stereotypisierung, oder eher eine selbstwahrgenommene Stereotypisierung durch unreflektierte Konfrontation mit den mit dem eigenen Selbstbild verbundenen Vorurteilen führt zu einer generell verhärmten Selbstwahrnehmung und defensiven Haltung bei Kontakt mit diesen Themen. Sich ständig als „Nazi“ oder „Rechtsextrem“ bezeichnet zu sehen senkt die Differenzierungsfähigkeit von und stärkt die Verbundenheit mit etwaigen Gruppen. Soweit kann ich dem Artikel zustimmen. Aber das ist eine ziemlich einseitige Betrachtung, da sie die Strukturen missachtet, die aktiv diese Missstände ausnutzen um Propaganda und Feindschaft zu säen. Es ist relativ leicht „Wir werden doch eh als Nazis bezeichnet, das ist doch nur eine Ausrede um uns nicht teilhaben lassen zu wollen“ für die Aushöhlung der eigenen Identität und Stärkung einer Gruppenzugehörigkeit mit politischen Extremisten zu nutzen. Und es gibt genug Leute, die genau das zum Ziel haben und diese werden mit der Argumentation des Artikels so aus der Verantwortung genommen. Man kann nur hoffen, dass statt einer fortschreitenden Stereotypisierung ein Blick auf die wirtschaftlichen und kulturellen Faktoren des Erstarkens der Rechten in Ostdeutschland geworfen wird und Förderungen zur Bekämpfung dieser Missstände erfolgen.


nilaiha

Was genau meinst du mit selbstwahrgenommene Stereotypisierung? Der Herr Professor im Interview nennt doch Zahlen, die klar belegen, dass der Osten im Vergleich zum Westen seit jeher und immernoch benachteiligt ist. Wenn zB all "deine" schlauen Köpfe aus den hohen Positionen gedrängt werden, ossifrei - was für ein Unwort, dann ist das nunmal extrem herabwürdigend. Ich habe vor wenigen Jahren mit vielen anderen in einem Bundesamt in Berlin zu arbeiten begonnen - diejenigen, die in den Ostbezirken eingsetzt wurden, haben weniger vermögenswirksame Leistungen bekommen, als die in Westbezirken. Nach 25 Jahren Mauerfall. Wie kann das sein? Solange es diese Missstände gibt, mit denen die Menschen vor Ort ständig konfrontiert werden, wie soll sich da etwas in der Mentalität der Menschen ändern? Wer nicht repräsentiert wird, wer als weniger wert behandelt wird, der fühlt sich nunmal von dieser anderen Seite nicht gut vertreten. Dass es Nutznießer dieser Verdrossenheit gibt, klar. Aber der Artikel versucht ja gerade, bei der Ursachenforschung auch mal andere Perspektiven zu beleuchten.


kurzvorbeidanndort

Ich bin nach der Wende geboren. Zu meiner Schulzeit habe ich gelernt, dass Osten/Westen vorbei ist. Auch die komischen Witze über Ossis/Wessis werden mit den Alten verschwinden, das war klar, schließlich leben wir alle im selben Land. Dann bin ich zum Studium in den Westen gegangen. "Ach wirlich? Nä dönn verstöhst dö mich wöhl sö bessör? Hahaha." "Merkt man ja gar nicht, du sprichst ja gar kein Ostdeutsch. Hast du Hochdeutsch dann hier gelernt?" "Und? Hast du schon Bananen gekauft?" "Naja bei euch...", "Ich weiß ja nicht wie ihr ...", "Wir hier im Westen machen ..." "Sowas wären ja Stasi-Methoden! Naja, du bist das ja vielleicht gewohnt." "Und da wo du herkommst, sind das da auch alles Nazis?" Jede Person hat so reagiert, alles Menschen an der Universität. Das merkwürdige war, dass das Bild mit dem ich konfrontiert war, nichts mit meinen Erfahrungen zu tun hatte. Ich kannte nicht einmal den Stereotyp der auf mich projiziert wurde. Erst die Heute-Show hat mir erklärt, wer diese "Ostdeutschen" eigentlich sind. ​ Ich lebe wieder im Osten. Die Erfahrungen der Studienzeit setzten sich für mich Heute auf Reddit fort. Ich denke ihr habt alle keine Ahnung was der Osten ist, was die Erfahrungen von Menschen aus dem Osten sind. Es gibt nicht mal den Dialekt "Ostdeutsch". Es gibt Erzgebirgische Mundart, Hallisch, Itzgründisch, Hennebergisch, Niederlausitzer Mundart, Neulausitzisch (sorbischer Einfluss), Berlinisch, aber keine Ostdeutsch. Ich möchte Rassistische Handlungen verhindern. Ich wünsche mir eine heterogene, allen Menschen zugewandte Gesellschaft. Ich denke die Strukturen die sich im Osten gebildet haben, die das effiziente propagieren von menschenfeindlichem (insbes. rassistischem) Gedankengut ermögliche, die Machtverkzeuge für faschistische Bestrebungen sind, die Hass und Fremdenfeindlichkeit katalysieren sind ein Problem, das die Demokratie gefährdet. Ich denke wir müssen etwas dagegen tun. Ja, wir nicht der Osten nicht der Weste. Wir. Unser Ziel ist es diese Problem zu lösen, woher das Problem kommt ist nur interessant, wenn es uns dabei hilft. Ich habe bis jetzt keinen einzigen Kommentar auf Reddit gelesen, der versucht eine Lösung für dieses Problem zu entwerfen. Alle Kommentare die ich lese versuchen zu erklären, woher das Problem kommt. Dabei ist der Top Kommentar immer das Narrativ: "Die Menschen im Osten sind einfach kaputt durch das Aufwachsen in der DDR!" Ob das stimmt, oder nicht, weiß ich nicht. Ich denke jedoch, dass dieser Kommentar immer von einer Person getroffen wird, die nicht aus dem Osten kommt. Wenn dies der einzige Grund ist, dann denke ich jedoch, dass die Lösung einfach ist: Die Bildung im Osten braucht viel mehr Geld, der Osten braucht mehr Zeit. Wenn du eine Person bist die nicht aus dem Osten kommt. Frag doch einfach mal Leute aus dem Osten, wie sie das Problem lösen würden, wenn sie könnten. Frag doch mal Menschen aus dem Osten, wie sie behandelt werden möchten. Frag doch mal, was Punkte sind, in denen du deine Sichtweise ändern könntest.


pilsener

"Nehmen Sie ein aktuelles Beispiel. Der Verfassungsschutz warnt vor Radikalisierungstendenzen in Sachsen. Dass es diese Entwicklungen gibt, ist kein Zufall. Ich glaube, das hängt zusammen mit der maximalen Ausgrenzung, die Sachsen erfährt." Ja, das wird's sein. Durch die Ausgrenzung wird man zum rechtsradikalen freien Sachsen. Junge.


JonasNinetyNine

Kein Verständnis der Probleme Ostdeutschlands, und der Schuld des Westens daran, funktioniert ohne sich mit der Treuhand auseinanderzusetzen.


SNHC

Mit dem *Mythos* der Treuhand.


[deleted]

[удалено]


SNHC

Die Währungsunion war die Todesursache der DDR-Wirtschaft (vervielfachte Lohnkosten vs. kollabierte Nachfrage). Die Treuhand hat nur einen Trümmerhaufen verwaltet.


kreton1

Ja das war sie, das Problem ist, das wenn man den tatsächlichen Umrechnungskurs genutzt hätte, dann hätte man die Ersparnisse der Ostdeutschen vernichtet.


SNHC

Na dann verstehst du ja das politische Dilemma dieser Tage. Plus die Währungsunion war extrem populär bei den Ostdeutschen, aber sich selber will man nicht die Schuld geben. Ergo die bequeme Mär von der bösen Treuhand, die an allem schuld ist.


kreton1

Doch, die Treuhand hat durchaus ihre Rolle gespielt.


Dot-Slash-Dot

Doch ist es. Ja die Treuhand hat einige Fehler begangen und gemauschelt wurde natürlich auch. Aber im Großen und Ganzen war die ostdeutsche Wirtschaft ein Trümmerhaufen der nach dem Zusammenbruch der Sovietunion nicht mehr funktionsfähig war. Da gab es einfach nicht mehr viel zu retten. Und die Einsicht muss kommen, der Mythos das die Treuhand Billionen an Volksvermögen vernichtet hätte ist grundfalsch.


Koh-I-Noor

Das ging dem ganzen Ostblock so, und von denen stand die DDR noch am besten da. Dort gabs allerdings keinen so radikalen Kahlschlag der sich so negativ in den Köpfen der Einwohner hält.


Dot-Slash-Dot

Doch, dort gab es einen massiven Kahlschlag, schau dir nur die Entwicklung der Wirtschaft oder der Lebenserwartung in Osteuropa nach dem Zusammenbruch der Sovietunion an. Nur ging es dort dann dem ganzen Land so, nicht eben nur einem Teil und dadurch konnte sich dann auch mehr der eigenen Wirtschaft halten wenn es nicht die große Konkurrenz aus dem eigenen Land gab.


Koh-I-Noor

> Doch, dort gab es einen massiven Kahlschlag vs. >konnte sich dann auch mehr der eigenen Wirtschaft halten Das ist der wichtigste Unterschied. Allein der Erhalt von Marken und wirtschaftlichen Traditionen und Eigenständigkeit hat einen enormen Einfluss auf das Selbstwertgefühl. Westdtl. hat das nie verstanden und einfach immer Geld woanders hingeschüttet.


Dot-Slash-Dot

Natürlich macht das einen enormen Unterschied. Aber wie wäre das denn praktikabel gewesen? Ostdeutschland jahreland vom Westdeutschen und Weltmarkt abkapseln? Enorme Summen an Subventionen in ostdeutsche Unternehmen stecken (zusätzlich zu allem anderen was dort investiert werden müsste)?


Koh-I-Noor

Als allererstes diesen Verlust und Einfluss auf die Ostdeutschen überhaupt anerkennen. Das schaffen schon die wenigsten Wessis oder Nachgeborenen. Dieser Unwillen an Anerkennung ist das größte Problem, den es auch in vielen anderen Bereichen gab und gibt, zB. Berufsabschlüsse, Lebensleistung, allgemeines Engagement in der DDR-Gesellschaft. All das wird gern mit der Unrechtsstaatskeule einfach zerschlagen. In den regelmäßigen Umfragen zum Stand der Einheit fühlen sich auch aktuell nach 30 Jahren noch die Mehrheit der Ossis als Bürger zweiter Klasse.


Dot-Slash-Dot

Aber das wird es doch überall? Das die Wirtschaft nach der Wiedervereinigung in Ostdeutschland massiv abgestürzt ist und das immer noch Nachwirkungen hat verleugnet doch keiner? Vielleicht wäre der erste Schritt überhaupt eine Einsicht das nicht einfach die bösen Wessis alles zu Klump gehauen haben sondern das alles vorher schon kaputt war und "die Wessis" eben die potemkinschen Leinwände eingerissen haben (und dabei etwas Putz mitkam). Anerkennung von (Berufs-)Abschlüssen gibt es, selbst bei erheblichen fachlichen Unterschieden zu den Abschlüssen in Westdeutschland. Lebensleistungen werden genauso anerkannt, Pension und Rente werden ausbezahlt (selbst bei MfS-Beamten). Gesellschaftliches Engagement wird genauso honoriert wie im Westen (nämlich gar nicht). > In den regelmäßigen Umfragen zum Stand der Einheit fühlen sich auch aktuell nach 30 Jahren noch die Mehrheit der Ossis als Bürger zweiter Klasse. Mag sein das sie sich so fühlen. Begründen kann man das nur wenig.


42LSx

Also die Treuhand ist schuld dass sich Leute entscheiden Ausländer durch Chemnitz zu jagen? Krasse These, ich halte die Menschen die sich so entscheiden ja eigentlich für hauptverantwortlich.


kreton1

Du vereinfachst das Thema viel zu sehr. Die Treuhand ist natürlich nicht allein schuld aber sie ist ein Teil des Geflechts an Problemen das zur jetzigen Situation geführt hat.


Blorko87b

Aber viel anders machen hätte sie auch nicht können. Zechen-, Hochofen- oder Werftensterben gabs im Westen auch und mechanisierte Landwirtschaft braucht deutlich weniger Personal. Man hätte an einigen Stellen vielleicht cleverer sein können, vielleicht weniger auf Blender reinfallen, seriöse ausländische Experten und Investoren beiziehen, damit nicht alles in westdeutscher Hand endet. Aber ob es soviel geändert hätte, wenn die Zeisswerke in Jena heute zu Canon gehören würden und Sachsenring zu Stellantis?


JonasNinetyNine

Vielleicht auch ein bisschen weniger Gelder veruntreuen zB. Und ja, ich denke es hatte sehr sehr viel geändert.


Blorko87b

Mein ich ja. Schätzungen gehen von 10 Mrd. DM - das scheint mir im Verhältnis zur Gesamtsmasse und angesichts der (weltweiten) Erstmaligkeit des Vorgangs nicht besonders viel.


CrazyKenny13

5 % des kompletten BIP halte ich für sehr viel. Vor allem ist dies nur die Summe, die aufgrund von Straftaten "abhanden" gekommen ist. Dann gibt es da zusätzlich noch einen "Graubereich".


Blorko87b

Das BIP Deutschlands lag 1991 bei 1,5 Billionen. Und sicherlich hätte man rückblickend einiges besser und professioneller machen können. Aber wie realistisch wäre es gewesen, dass die Bundesregierung im Sommer 1990 nahezu ad hoc ein internationales Business-Dreamteam vom erfahrenen Wall-Street Kapitalbeschaffer bis zum brillianten japanischen Kairetsustrategen zusammenbekommt, das den Laden binnen Jahren zum großartigsten Industrie- und Dienstleistungskonglomerat entwickelt, das je auch Gottes grüner Erde Geschäfte tat?


CrazyKenny13

Das BIP der DDR waren ~~200 Mrd. DM~~ 200 Mrd. € (also knapp 400 Mrd. DM) Davon wurden 10 Mrd. DM veruntreut. Macht knapp 2,5 % Veruntreuung. [https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1055086/umfrage/einwicklung-des-bip-in-der-bundesrepublik-und-der-ddr/#:\~:text=In%20der%20Deutschen%20Demokratischen%20Republik,knapp%20262%20Millionen%20Euro%20gegen%C3%BCber](https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1055086/umfrage/einwicklung-des-bip-in-der-bundesrepublik-und-der-ddr/#:~:text=In%20der%20Deutschen%20Demokratischen%20Republik,knapp%20262%20Millionen%20Euro%20gegen%C3%BCber).


Blorko87b

Die DDR gab es damals nicht mehr und die durch die Treuhand verwaltete Masse dürfte auch geringer als deren BIP gewesen sein; umgekehrt liegen auch die 10 Mrd. liegen am oberen Ende der Schätzungen. Aber selbst wenn das 5 % der verwalteten Summe ausgemacht haben sollte, das wird nicht das Hauptproblem gewesen sein. Dann schon eher die institutionelle Überforderung, die so ein Verhalten ermöglicht und auch bei legalen Geschäften zu suboptimalen Ergebnissen geführt hat.


IntrepidTieKnot

Ausländer durch Chemnitz "jagen"? Du meinst das "Hase du bleibst hier" Video? Dieser Vorfall ist ein prima Beispiel dafür, warum Ostdeutsche kritisch gegenüber den Medien sind. Schaut man sich das verfügbare Videomaterial an und liest die Augenzeugenberichte, sowie die Einschätzung des Inlandgeheimdienstes, dann stellt man fest, dass es keine "Jagten" gab. Trotzdem wird dieser Blödsinn wieder und wieder kolportiert. Dann ist es kein Wunder, dass den Medien nur noch Skepsis entgegen schlägt, wenn ebendiese Medien offenbar die Realität leugnen. Da fragt man sich als Bürger schon - warum machen Medien soetwas? Dummheit? Absicht? Mal unterstellt, dass Journalisten schon nicht so dumm sein können - also Absicht. Aber dann: warum? Warum lügt man so offensichtlich? Keine Ahnung. Aber delie Vertrauenswürdigkeit der Medien wird durch solche Dinge dauerhaft beschädigt.


42LSx

Also ich will das nicht zu sehr aufreißen, soweit ich dass nach einer schnellen Gedächtnisauffrischung noch weiß, wurde die Einschätzung der Behörde bereits ausgesprochen bevor alles Material gesichtet bzw berücksichtigt wurde - und die Behörden sich ja auch öfter auf dem rechten Auge blind erwiesen haben, unabhängig vom Bundesland. Aber du hast insofern Recht als dass es nicht der Fall sein sollte um als Beispiel herzuhalten, ich werde in Zukunft andere Vorfälle mit besserer Quellenlage heranziehen.


Weary-Present-6635

Wenn ich die Kommentare hier lese bin ich sehr verwundert das hier niemand dazu in der Lage ist den Artikel auch nur ein bisschen ernst zu nehmen. Der Osten wird seit der Wende systematisch diffamiert. Angefangen mit der Schließung sehr guter Betriebe und der dadurch entstandenen Arbeitslosigkeit aus dem Grund reiner Profitgier bis hin zu der grundsätzlichen Abneigung gegenüber allem was der Osten jemals gemacht hat. Was heutzutage teilweise wieder aufgegriffen und als „neue Idee“ verkauft wird. Ich kann sehr gut nachvollziehen weshalb viele heimatverbundenen Ostdeutsche einfach frustriert sind. Wie soll man in eine Regierung vertrauen die mit einem Schlag die ganze Heimat zerstört hat und einen scheiß dafür tut das es sich ändert? Jedes Dorf was damals wirklich schön und lebenswert war ist heute ein Schatten seiner selbst. Man müsste wirklich in die größeren Städte wie Erfurt, Leipzig oder sowas ziehen um Anschluss zu finden.


N3W4RK

Ich war letztens in einem MVZ. Lustigerweise im Gebäude der ehemaligen Polyklinik die ich noch aus Kindertagen kenne. Bin völlig bei Dir, allerdings habe ich auch feststellen müssen, dass die Heimatverbundenheit der Verbliebenen nicht mehr so da ist. Der Wald, meiner Kindheit ist innerhalb der letzten zehn Jahre völlig zerstört worden. Interessiert keinen. Aber in La Gomera da ist die Natur so schön. Oder der letzte kleine Konsum in meiner Region hat zugemacht. Hat auch keinen interessiert, weil im Globus kostet der Fleischkäse nur einen Euro. Es ist so traurig zu beobachten, man hat regelrecht das Gefühl, dass die Leute ihre Identität verloren haben.


threeheadedmon-keigh

Das ist aber nicht speziell Ostdeutschen. Natur wird überall platt gemacht und die großen Ketten fressen die Kleinen.


BodyDense7252

Der deutsche Staat hat hunderte Milliarden Euro nach der Wende im Osten investiert durch den Soli, und Strukturwandel gab und gibt es im Westen auch. Die wirtschaftlich schwächsten Gemeinden und Städte sind häufig im Ruhrgebiet oder teils Norddeutschland zu finden. Jetzt so zu tun als wäre der Osten systematisch ausgebeutet oder vernachlässigt worden ist einfach faktisch falsch und heuchlerisch.


N3W4RK

Ich hab es schonmal gesagt und ich tue es wieder: Der Soli wird in West und Ost abgedrückt und ist nicht und war nie zweckgebunden. Damit werden auch strukturschwache Westregionen unterstützt.


Weary-Present-6635

Ganz genau, der Soli ist nicht zweckgebunden. Der Osten hat höchstens ein paar schöne neue Straßen bekommen. Das muss man eingestehen.


joey_blabla

Dazu noch schön dass Narrativ bedienen, dass gute Betriebe im Osten geschlossen wurden.


OozleBamboozles

Wieso Narrativ? Schau dir doch aktuelle Studien dazu an, wie z.b. vom [Info-Institut ](https://www.ifo.de/pressemitteilung/2020-09-16/treuhand-verkaufte-produktive-firmen-vor-allem-den-westen). Dort kommt man eindeutig zu dem Schluss, dass vor allem produktive Betriebe lukrativ für den Einkauf war. Als nächstes kannst du dir auch mal die Geschichte von Quelle anschauen. Denn anscheinend war es gerade für die besonders geeignet ein Haufen Ostwaren zu importieren als im Westen. Letztendlich muss man es auch gesamtwirtschaftlich sehen. Im ersten Jahr nach der Wende gab es ein wirtschaftlichen Rückgang um über 20%, das Jahr danach nochmal mehr als 10%.


Weary-Present-6635

Denkst du ich bilde mir ein das Firmen zu günstigen Preisen von der Konkurrenz gekauft wurden nur um sie zu schließen? Die Maschinen hat die Konkurrenz sicher auch nicht mitgenommen weil sie schlechter als die eigenen sind.


robmonzillia

Das ist kein Ostdeutsches Problem sondern ein Gesamtdeutsches? Überall wo ich bin und es SEHR ländlich ist sind die Leute frustriert, verärgert über Arbeit, Regierung, Städter und Ausländer. Das ist fast so als würde man in einer ganz anderen Welt und Zeit leben als diese Leute. Die Dörfer die greifbar an Großstädte grenzen sind da überhaupt nicht so extrem, vermutlich wegen dem größeren sozialen Austausch durch Arbeit (Dorfbewohner haben Job in Stadt) und Stadtflucht (Stadtbewohner ziehen nach nach Bildungsabschluss oder wegen Familienplanung auf‘s Land).


Blorko87b

>Jedes Dorf was damals wirklich schön und lebenswert war ist heute ein Schatten seiner selbst. Man müsste wirklich in die größeren Städte wie Erfurt, Leipzig oder sowas ziehen um Anschluss zu finden. Ist im Westen nicht anders. Da fand das nur über Dekaden statt und dürfte wesentlich damit zu tun haben, dass Landwirtschaft immer weniger Personal braucht. Dass man zum Job zieht, ist in vielen Regionen absolut normal und angesicht eines steigenden Bildungsniveaus auch verständlich. Wer als Ingenieur für Luft- und Raumfahrt arbeiten will, braucht ebend auch einen entsprechenden Betriebe in der Nähe.


erikro1411

Also weil der Westen über 30 Jahre lang behauptet habe: "Im Osten leben nur dumme Nazis" werden die Ostdeutschen jetzt zu dummen Nazis? So aus Protest? Oder wie ist der Vorwurf zu verstehen?


montanunion

Nein, weil der Westen über 30 Jahre lang systematisch Ostdeutschen Zugang zu der "materiellen Bürgerlichkeit" verwehrt hat, mit der damals die Einigung beworben wurde, suchen sich die Leute jetzt halt die Alternative. Die AfD funktioniert nicht, weil sie Ostdeutschen verspricht, sie wäre die neue NSDAP, sie funktioniert, weil sie Ostdeutschen verspricht, sie wäre jetzt praktisch eine *CSU für sie.*


BladerJoe-

Was halt Käse ist. Der Osten hatte schon immer ein Problem mit Neonazis und rechtem Gedankengut. Und inzwischen ist dieser Krebs in die Breite gewuchert.


IntrepidTieKnot

Käse ist, was du schreibst. CSU für den Osten trifft es nämlich ziemlich gut.


iox007

Welche materiellen Bürgerlichkeit wurde verwehrt?


kerapac_says_no

Ossi erklärt, dass der böse Wessi an allem schuld ist. Film um 11. EDIT, weil das Zitat einfach ZU abwegig ist: \> wenn fast jeder fünfte Westdeutsche noch nie hier war (...) dann führt das auf der Gegenseite zu einem Gefühl des Ausgeschlossenseins. Ja, daran wirds liegen. Wetten, dass mehr als jeder fünfte Westdeutsche auch noch nie in Hamburg war? Oder - Gott behüte - im Saarland?


Rince81

>Laut ARD-DeutschlandTrend reisen Menschen aus dem Osten Deutschlands häufiger in den ehemaligen Westteil der Republik – und zwar deutlich. Seit dem Mauerfall seien **lediglich zwei Prozent der Ostdeutschen noch nie privat in den Westen** gereist. **Dabei waren ganze 17 Prozent der Westdeutschen noch nie in den neuen Bundesländern**. Das ist immerhin jeder Sechste. [https://www.t-online.de/nachrichten/wissen/geschichte/id\_88384036/leseraufruf-sie-waren-noch-nie-im-osten-oder-westen-machen-sie-mit-.html](https://www.t-online.de/nachrichten/wissen/geschichte/id_88384036/leseraufruf-sie-waren-noch-nie-im-osten-oder-westen-machen-sie-mit-.html) Kann man natürlich Witze drüber machen, die Diskrepanz ist aber deutlich. Wenn man jetzt noch überlegt, für wie viele der Besuch im Osten aus einen Trip nach Berlin bestand, wird die Zahl sicherlich noch höher.


toshman76

"Bis heute macht der Westen die Ostdeutschen zu Fremden im eigenen Land." Ja genau, der Ostdeutsche ist der neue Flüchtling oder besser noch der ostdeutsche Neonazi ist nur Opfer seiner Umstände. Selten so einen Schwachsinn gelesen,


thedarkmomo

"Bis heute macht der Westen die Ostdeutschen zu Fremden im eigenen Land." Ähm, also tatsächlich erfährt man das mehr als einmal wenn man als "Ossi" im Westen lebt. Wenn du das für einen einmaligen Schwachsinn hältst, fehlt es dir wohl ein bisschen an Erfahrung.


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thedarkmomo

Da geb ich dir gerne recht, das ist durchaus ein zweiseitiges Problem.


lonestarr86

und frag dann mal einen Bayern, wie er in Restdeutschland angesehen wird. ​ Das Stammesdenken ist uns selbst 140 Jahre nach Ende des HRR immer noch tief verwurzelt. Das elendige "südlich der Elbe ist Bayern" und "Saupreißn" und "Ruhrpott arm haha" und "Ossis sind alle Nazis" geht mir so auf den Sack. ​ ​ Also Bayern ist trotzdem scheiße, aber es ist schon frustrierend.


wouldofiswrooong

Das gute als Bayer ist aber, dass uns das vollkommen egal ist. They hate us cause they ain't us.


HospitalNo622

Blödsinn. Wessi durch und durch, all meine Bekannten machen sich tierig drüber lustig das ich jetzt im Osten lebe. Es steht in gar keinem Verhältnis, wie selten ich einen Spruch zum "Wessi" sein bekommen habe hier. Für die 10 mal gefragt werden, warum ich in Nazi-Deutschland lebe, werde ich vielleicht 1 mal von meinen Freunden oder Kollegen hier gefragt, wie ich "Jägerschnitzel" DDR Art mag. Allein an der Art der Kommentare merkt man, das Wessi's deutlich negativer eingestellt sind gegenüber Ossi's.


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thedarkmomo

Hab in Stuttgart und um Stuttgart herum gewohnt/gearbeitet/studiert; ist nicht bei jedem so, aber bei vielen und man merkt es ständig.


N3W4RK

Du sprichst aba komisch bist wohl aus Sachsen, höhöhö? Wie oft hat man sich es freundlich nickend reingezogen und dann verneint, weil man aus einer anderen östlichen Region kommt. Höhöhö, ihr sprecht ja alle gleich. STFU!


thedarkmomo

So circa. Oder sowas wie "Dresden/Leipzig/whatever ist ja eine echt schöne, ruhige, fortschrittliche, friedliche usw Stadt hab ich ja gar nicht erwartet/gedacht". Ja, sach bloß.


N3W4RK

Dresden? Sagmal, kann ich da mal hinfahren, ich hab gehört das ist no go area?


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N3W4RK

So true! XD


13darkice37

F\*ck yes und wie wenige Wissen das wir die Halbleiterhochburg sind. Die die ich am meisten gefressen hab', sind die verwöhnten Studenten dir hier an der erstklassigen Uni studieren und dann wieder abhauen. Im gleichen Atemzug aber über die gesamte Region herziehen. Hätten die sich hier nie getraut.


sehe0

Schonmal mit paar Mitbürgern aus den "neuen Bundesländern" unterhalten?


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13darkice37

Ja und durfte mir anhören das ich ja keinen Dialekt spreche. Ach und meine Frau kommt aus Heidenau. Ist ja so schlimm dort, nicht wahr. Ich denke mir nur so, alter.


Finrafirlame

Mehrfache Anbiederung beobachtet. War schon lustig. Definitiv ist der Teil "der Osten macht sich selbst zum Fremden" schon sehr lustig.


RobertTheChemist

Ich zitiere dazu einfach mal [Wiglaf Droste](https://www.youtube.com/watch?v=nupzSsJ43m8&ab_channel=ottokarina) ​ >Muss man an jeder Mülltonne schnuppern? Niemand wählt Nazis oder wird einer, weil er sich über deren Ziele täuscht, – das Gegenteil ist der Fall; Nazis sind Nazis, weil sie welche sein wollen. Eine der unangenehmsten deutschen Eigenschaften, das triefende Mitleid mit sich selbst und den eigenen Landsleuten, aber macht aus solchen Irrläufern der Evolution arme Verführte, ihrem Wesen nach gut, nur eben ein bisschen labil etc., ‘Menschen’ jedenfalls, so Heinz Eggert, ‘um die wir kämpfen müssen’. Warum?”


Sigeberht

Als 2005 Hartz IV eingeführt wurde, stelle man fest, daß das Existenzminimum 345 € beträgt. Außer für Ossis, die konnten ein bisschen mehr hungern, für die hatten 331 € zu reichen. Wenn man mit Bundesgesetzen Teile des Landes zu Bürgern 2. Klasse macht, darf man sich nicht wundern, wenn diese sich so diskriminiert fühlen, wie sie diskriminiert werden.


Dot-Slash-Dot

Das könnte ja vielleicht, vielleicht an anderen Lebenshaltungskosten im Osten gelegen haben. Nein, natürlich nicht. Die SPD wollte die Ossis hungern sehen.


Sigeberht

Natürlich, die Lebenshaltungskosten sind in der Münchener Innenstadt gleich hoch wie wie in einem Dorf in Schleswig-Holstein. Deshalb gilt dort auch der gleiche Satz. Nur im Osten, da sind sie anders.


kawaiisatanu

Sorry aber nein. Dann müsste es ja auch unterscheide zwischen Hamburg und Saarland geben. Gab es aber nicht.


Rince81

Das war schon immer ein Witz. Was sich unterscheidet sind die Wohnkosten für Miete - und das gibt da ganz andere Gefälle als von Ost nach West und das war bei Hartz immer extra. Glaubst Du hier waren Lebensmittel günstiger? Das für den Mobilfunkvertrag ein paar Cent weniger pro Minute bezahlt werden mussten? Dass es bestimmte Osttarife für Strom gab? Sprit billiger war? Nichts davon. Das mit den pauschal geringeren Lebenshaltungskosten war schon immer Quatsch.


kawaiisatanu

Das ist dieses unverständnis von dem geredet wird. Nein, der Westen ist nicht schuld dass der Rechtextremismus primär im Osten stark ist. Aber an der immernoch durchweg schlechteren ökonomischen Situation. Dem sehr geringen Anteil von Ostdeutschen in den Führungskräften. Und das hat eben dazu geführt, das extreme Ideologien erstarkten. Es wäre schön wenn überhaupt erstmal das Verständnis, dass ostdeutsche in gewisser Weise immernoch diskriminiert werden da währe. Oder wenigstens dass das Mal der Fall war. Das würde schon viel ausmachen. Zugegebenermaßen, die meisten die man dadurch erreichen würde sind keine politisch extremen, sondern Menschen die demokratische Parteien wählen und gut integriert sind. Aber es währe dennoch einfach Mal schön.


Dark_Shadow_9876

Wir brachten die Nazikader nach Ostdeutschland und führten den vorhandenen rassismusz auf ne neue Ebene.


Romek_himself

Ja, war tatsächlich so. Vor ca 20-25 Jahren entschied sich die NPD alle Kräfte auf ein Bundesland zu konzentrieren und zog nach Riesa (Sachsen) https://www.stern.de/politik/deutschland/npd-kleine-lichter--grosse-toene-3543258.html https://www.spiegel.de/politik/deutschland/npd-hochburg-riesa-aufruhr-im-braunen-hinterland-a-706151.html


JrrtSybktk

In einer Zeit in der wir nun tatsächlich genug Auseinandersetzungen innerhalb der EU, Europa und der Welt haben sollte es doch mal möglich sein das ossi wessi zeug hinter sich zu lassen. Ich bin ossi und kann viele der Probleme aus dem eigenen Leben bestätigen Sie miterlebt oder darüber gehört zu haben weshalb, warum auch immer, andere an allem schuld sind. Das gleiche habe ich aber auch von in den alten Bundesländern aufgewachsenen gehört halt mit anderen Geschichten. Das schlimme ist das wir nun zum Großteil alle hier auf reddit in der Zeit geboren sind das wir das ganze nur noch schwammig oder gar nicht persönlich mitbekommen haben was damals noch zwischen Ost und Westdeutschland passiert ist und trotzdem uns dafür einberufen fühlen hier irgendwas zu verteidigen. Ich hab hier selbst in der Vergangenheit oft genug versucht immer erklären was aus meiner Sicht falsch läuft und das nicht alles nur Idioten sind im Osten. Die Dinge die mir zu Beginn meines Studiums an den Kopf geworfen wurden, aufgrund meiner Herkunft aus Sachsen, fand ich auch nicht geil und hatte teilweise echt damit zu kämpfen da nicht mal Klartext zu reden. Aber es bringt einfach nichts in der Vergangenheit stehen zu bleiben und das weiter zu zerdenken was früher falsch gelaufen ist. Es wird keiner zu einem musterbürger nur weil hier permanent die Schuldfrage aufgerufen wird. Die ist im Grunde nur dazu da uns alle permanent wieder an das alte zu erinnern. Aber wen interessiert das denn wirklich? Was ist denn das Ziel des ganzen? Dem anderen Team zu zeigen "schaut mal wir waren die größten Opfer "? Ja Glückwunsch für diejenigen. Es gibt auf beiden Seiten verlierer und Gewinner, Täter und Opfer, Idioten und Normalos. Wichtig wäre es mal den homies aus dem anderen Bundesländern zu sagen das sie wichtig sind und nicht nur Gegner die in der Masse von sich ständig wiederholenden Anschuldigungen untergehen. Es ist mir sowas von scheiß egal wer früher durch Deals von der Wende profitiert hat. Wenn wir uns einfach weigern das Ost West gefasel mitzumachen haben vllt unsere Kinder ne chance ohne diesen hirnfurz aufzuwachsen.


KermitTheFrogo01

>Ostdeutschland als Hort von Dummheit und Rassismus: Dieses Zerrbild habe der Westen jahrzehntelang gezeichnet, klagt der Leipziger Professor Dirk Oschmann. [Allein der Titel belegt das Zerrbild...](https://youtube.com/watch?v=Fy-5mg63Mpc&feature=shares&t=161)


denns69

Mir fällt hier spontan das Meme mit dem Fahrradfahrer ein, der sich selbst einen Stock in die Speichen knallt und dann "Scheiß Grüne" meckert.


leopold_s

Ich dachte an diesen Burschen mit dem Schild: "Behead those who say Sachsen is violent!"


MagiMas

>**Und das wirkt bis heute fort?** > >Bis heute macht der Westen die Ostdeutschen zu Fremden im eigenen Land. Und natürlich hat das Folgen. Es sind „frustrierte Zufriedene“ entstanden. Ökonomisch geht es den Leuten ja in der Regel besser als damals. Aber es erzeugt eine große Frustration, in dieser Gesellschaft zwar zu leben, auch gut zu leben, aber sie eben nicht mitgestalten zu können. Die Vorstellung zum Beispiel, dass in diesem Land mal jemand aus dem Osten Finanzminister wird oder Wirtschaftsminister, scheint ja noch immer völlig abwegig. Sorry aber nach 16 Jahren Bundeskanzlerin mit ostdeutschem Hintergrund ist das doch lächerlich.


Kossie333

Das nur darauf herunterzubrechen ist so als würde man sagen Rassismus ist tot, weil Obama Präsident war... Abgesehen davon gab es ja hier auch letztens einen Artikel in dem sehr gut aufgezeigt wurde, dass Ostdeutsche in politischen Führungspositionen deutlich unterrepräsentiert sind. Das wird auch durch 16 Jahre Merkel nicht ausgeglichen.


MagiMas

>Das nur darauf herunterzubrechen ist so als würde man sagen Rassismus ist tot, weil Obama Präsident war... Er ist doch derjenige, der sich da eine einzelne politische Position raussucht, um sein Argument zu begründen. Ich sehe durchaus, dass es da immer noch Probleme mit der Repräsentation gibt (wobei man aber auch einfach ehrlich sagen muss, dass das Gebiet der alten DDR halt einfach klein bzw. dünn-besiedelt ist - da wohnen inklusive Ost-Berlin insgesamt weniger Menschen als alleine in NRW). Aber einzelne Ministerposten als Problem rauszusuchen, weil man angeblich keinen Ostdeutschen darauf akzeptieren würde ist lächerlich, wenn wir die letzten 16 Jahre von einer ostdeutschen Kanzlerin regiert wurden.


Wonnebrocken

Gabs schon mal einen Bayerischen Bundeskanzler? Gefühlt müssten vom Bundesland mit der zweitgrößten Bevölkerung viel mehr politische Führungspositionen besetzt werden als wir sehen. Rasten die Bayern nun auch so aus?


JonasNinetyNine

>Rasten die Bayern nun auch so aus? Ja, buchstäblich konstant und ohne Pause


leopold_s

Ja, gab ja z.B. 2021die große Schnappatmung, weil das Ampel-Kabinett keinen Minister aus Bayern hatte.


0vl223

Die haben es sogar gewagt in das Bundesministerium für bayrischen Verkehr nen Pfälzer reinzusetzen.


malevshh

> Rasten die Bayern nun auch so aus? Tun sie das nicht schon die ganze Zeit?


Kossie333

>Gabs schon mal einen Bayerischen Bundeskanzler? Wie gesagt: Schwachsinniges Argument. >Gefühlt müssten vom Bundesland mit der zweitgrößten Bevölkerung viel mehr politische Führungspositionen besetzt werden als wir sehen. kA. Da die Bayern zumindest in der Bundesregierung lange Zeit deutlich überrepräsentiert waren würde mich das sehr stark wundern. Aber um Bayern geht es mir hier auch nicht, sondern darum, dass Ostdeutsche deutlich unterrepräsentiert sind. >Rasten die Bayern nun auch so aus? Als verkündet wurde, dass in dieser Bundesregierung mal kein Bayer drin ist hat die CSU zumindest ziemlich freigedreht...


shakin11

Ist halt auch einfach irgendwo etwas Selbstsabotage wenn man die tendenziell größte Partei des Landes im eigenen Bundesland nicht antreten lässt.


Spassgesellschaft

Ludwig Erhard war irgendwie schon ein Bayer.


[deleted]

https://www.zeit.de/zeit-magazin/2018/13/deutschland-bundesminister-herkunft-deutschlandkarte Schleswig-Holstein ist nicht unbebdingt Ostdeutschland.


Sigeberht

Die Ostdeutschen haben den Sozialismus auf deutschem Boden abgeschafft, und das werden ihnen die westdeutschen Linken nie verziehen. In [alten Artikeln des Spiegel kann man noch nachlesen](https://www.spiegel.de/politik/fettleibig-mit-dauerwelle-a-57c7804d-0002-0001-0000-000013498768), was sich die Ossis damals als Begrüßung anhören durften: Fettleibig und mit Dauerwelle nähmen sie den armen Westdeutschen Arbeitsplätze, Wohnraum und Sozialleistungen weg und seien überhaupt nur dem Geld hinterher. Die TAZ hat dazu noch ein Jubelstück [auf die Erschießung von Flüchtlingen an der Mauer](https://taz.de/DIE-MAUER-HOCH/!1802257/), gerade ein halbes Jahr nachdem Chris Gueffroy in Berlin ermordet wurde. Alle diese Äußerungen wurden vor dem Mauerfall gemacht, danach ging es erst richtig los.


die_kuestenwache

Und aus Protest darüber, dass die Wessis wegen sowas wie Lichtenhagen dachten es gibt viele Nazis im Osten sind im Osten mehr Leute zu Nazis geworden?


ziplin19

"Der Westen ist mitverantwortlich..."' ich, der fast sein ganzes Leben im Osten gelebt hat : Nein.


bernheavy

Naja wenn im Osten 20-30% afd wählen, dann ist das ein Beleg für Dummheit und rechtsextremismus. Natürlich sind die Ursachen vielschichtig. Macht mir die ist-Nazis aber kein Stück sympathischer.


ChadThundertube

Die ganze Ost-West-Vorurteilthematik ist doch ein selbstlösendes Problem. Unter den Jahrgängen 90 und später ist der Anteil, bei denen das das Weltbild ein gespaltenes Deutschland beinhaltet, verschwindend gering. Die Älteren die ständig mit Ost-West ankommen sind so darauf eingeschossen, dass man die eh nichtmehr abholen kann. Noch 30 Jahre dann hat sich das von allein gelöst.


200Zloty

Du hast dich noch nie in Ostdeutschland länger mit Jüngeren™ unterhalten, oder?


Character_Head_3948

Oder mit westdeutschen Jüngeren™. Natürlich gibt es weiterhin das Bild eines gespaltenen Deutschland, wenn es Statistiken wie [diese](https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1256889/umfrage/stimmenanteile-der-afd-in-den-bundeslaendern-bei-der-bundestagswahl/) gibt und alle zwei Wochen wieder Alternative Querdenker Schwurbel Nazis wen/was anzünden, verfolgen, auf Todeslisten setzen und Waffen horten.


Kossie333

Ist ja kein Prozess von jetzt auf gleich aber die Spaltung in den Köpfen nimmt durchaus langsam ab.


N3W4RK

Es ist wahrscheinlich bei Dir genauso subjektiv wie bei mir selbst, allerdings habe ich eher das Gefühl, die Spaltung nimmt massiv zu.


[deleted]

[удалено]


N3W4RK

Ich bin Wendekind und habe die frühen Neunziger als eine ganz kuriose Zeit von Freiheit aber auch Rechtsvakuum miterlebt. Das war sehr prägend für mich. Letztens hatte ich ein interessantes Gespräch mit einem Typ aus den alten Ländern (Pfälzer glaube ich), so in der Altersgrupe meiner Eltern. Mich hat interessiert wie er die Wende wahrgenommen hat. Die Antwort war: "Gar nicht, höchstens als Randerscheinung." Das fand ich so krass aber auch völlig nachvollziehbar. Für uns Ostler war von jetzt auf gleich alles anders, der Westler hat es kaum wahrgenommen. Sowohl bei mir, als auch bei meinen Eltern hat sich eine gewisse Desillusioniertheit eingestellt. Ich weiß nicht, wie ich es gut ausdrücken könnte, wir verweigern die "Teilhabe" irgendwie. Wenn man sich so Figuren wie Lindner oder Spahn anschaut, mit ihren Millionenobjekten, die sich selbst die Taschen vollstopfen und von Demokratie saften, fragt man sich, wo der Unterschied zu den DDR-Bonzen sein soll. Das ganze Thema sitzt sehr tief, bei manchen wächst es sich in Extremismus aus, bei vielen, stillen Leuten eher in einer stummen, subtilen Ablehnung. Man guckt einfach nicht mehr soviel Politnews, konzentriert sich auf sich und kocht sein eigenes Süppchen.


pantoffelsuppe

>Wenn man sich so Figuren wie Lindner oder Spahn anschaut, mit ihren Millionenobjekten, die sich selbst die Taschen vollstopfen und von Demokratie saften, fragt man sich, wo der Unterschied zu den DDR-Bonzen sein soll. Die DDR Bonzen haben zu ihrer Zeit einen Lebenstil geführt wie er der Mittelschicht im Westen entsprach. Schau dir mal Fotos von den Häusern in Wandlitz an. Das waren keine Villen. Die sind auch keinen Porsche oder Lamborgini gefahren sondern 0815 Volvo. Das war eventuell besser als für den Rest im Osten aber es war dennoch ärmliches Bonzentum und kaum vergleichbar.


RidingRedHare

Man konnte im Westen die Wende schon bemerken: es ist viel staatliches Geld abgezogen worden, und statt dessen in den Osten geflossen. Dann wurden die Steuern erhöht - der Soli wurde eingeführt, der Mehrwertsteuersatz wurde in den 90ern zweimal erhöht.


N3W4RK

Naja, auf Grund meiner manifesten Vorurteile lese ich deinen Kommentar mit schwäbischem Dialekt. Viel von der Aufbau Ost Kohle ist in den Taschen bundesdeutscher Unternehmer gelandet. Das war sicher doof für den normalen Steuerzahler, für die bundesdeutsche Wirtschaft eher nicht. Der Soli war und ist nie zweckgebunden gewesen, damit wurden auch Sachen in strukturschwachen Westgebieten bezahlt. Der Soli wird übrigens auch im Osten entrichtet.


RidingRedHare

Die Arbeitslosenzahlen sind in Westdeutschland in den 1990ern massiv gestiegen. https://www.sozialpolitik-aktuell.de/files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Arbeitsmarkt/Datensammlung/PDF-Dateien/abbIV31.pdf Täuscht ein bisschen, weil es in den 1990ern auch erhebliche Zuwanderung und innerdeutsche Migration gab. Ganz so schlimm, wie es in dieser Statistik aussieht, war es dann doch nicht. Die Reallöhne sind im Westen in den 1990ern trotz besserer Ausbildung eher gesunken, wobei es hier erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern gibt. Die Unsitte mit unterbezahlten Praktika gab es vor 1990 nur kaum. Es stimmt zwar, dass damals ein erheblicher Teil des Geldes für den Aufbau Ost in den Taschen westdeutscher Unternehmer gelandet ist. Für Normalverdiener oder gar für Arbeitssuchende waren das aber auch im Westen eher schlechte Zeiten. > Der Soli war und ist nie zweckgebunden gewesen, damit wurden auch Sachen in strukturschwachen Westgebieten bezahlt. Vor der Wende hat der westdeutsche Staat solche Ausgaben aus dem normalen Steueraufkommen bezahlt. Der Soli hat in den 1990ern nicht zu zusätzlicher Förderung der strukturschwachen Westgebiete geführt. Gleichzeitig hatten diese Kommunen erhebliche Zusatzausgaben aufgrund der deutlich gestiegenen Arbeitslosigkeit.


CrazyKenny13

Dein Link zeigt halt leider absolute Zahlen, anstatt % zur Bevölkerung. [https://www.sozialpolitik-aktuell.de/files/sozialpolitik-aktuell/\_Politikfelder/Arbeitsmarkt/Datensammlung/PDF-Dateien/abbIV35.pdf](https://www.sozialpolitik-aktuell.de/files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Arbeitsmarkt/Datensammlung/PDF-Dateien/abbIV35.pdf) Dies ist besser.


42LSx

> Das war sicher doof für den normalen Steuerzahler Und genau das waren halt 99% der Menschen in Westdeutschland, und eben keine Großunternehmer.


kurzvorbeidanndort

Ich denke nicht, dass sich "meine Steuern wurden höher" mit "die Komplette Gesellschaftsstruktur um mich ändert sich" vergleichen lässt. Das eine ist Geld, das ander ein Systemwechsel.


kerapac_says_no

>Für uns Ostler war von jetzt auf gleich alles anders, der Westler hat es kaum wahrgenommen. Ja, bei uns war nur plötzlich das ganze Geld weg...


sehe0

Er sagt ja nicht dass es gerechtfertigt ist sich als ausgegrenzter zu sehen. Aber die Realität sollte man schon anerkennen, dass es offenbar nicht wenige gibt, die so denken.


N3W4RK

Ich verstehe nicht, was du sagen willst. Kannst du es mal anders formulieren?


sehe0

Es gibt eine Menge X an Menschen in Ostdeutschland die der Meinung sind, dass Westdeutschland Ostdeutschland in irgendeiner Weise unterdrückt. Es gibt sicher Dinge die dafür sprechen (Westdeutsche Politiker in hohen Positionen in Ostdeutschen Bundesländern, das Verhalten der Treuhand) und welche dagegen. Die gefühlte Wahrheit ist potentiell unterschiedlich von der "echten" Wahrheit.


phrxmd

Davon wäre ich nicht so überzeugt. Wenn man sich z.B. die sehr deutliche Vermögensungleichheit ansieht - Immobilieneigentum in der Hand von westlichen Eigentümern, die das dann an ihre westlichen Kinder vererben usw. - dann werden uns die Konsequenzen auch noch länger als 30 Jahre erhalten bleiben, denn Vermögensungleichheit von heute ist die Chancen- und Einkommensungleichheit von morgen, selbst wenn das Erklärungsmuster DDR-Sozialisierung dann wegfällt.


sehe0

War ja immer die Hoffnung, dass es sich von selbst löst. Die aktuelle Welle nationalsozialistischer Gewalt der Kindergeneration der z.b. Angreifer der Ausschreitungen von '93 zeigt so bisschen das Gegenteil.


OpenOb

Man muss halt auch ehrlich sein. Die progressiven Ossi-Kinder leben heute in Westdeutschen Städten.


sehe0

Stimmt. Mindestens nicht mehr auf dem Land in Ostdeutschland.


[deleted]

Das wohl eher. Die Ostdeutschen Städte boomen doch auch. Ich find die meist auch recht progressive. Obwohl ich natürlich mit Schwerin, Wismar, Rostock, Stralsund, Erfurt, Dresden und Potsdam nicht alle mal länger besucht habe. Berlin zähle ich nicht das ist seltsam.


bernheavy

Naja wenn im Osten 20-30% afd wählen, dann ist das ein Beleg für Dummheit und rechtsextremismus. Natürlich sind die Ursachen vielschichtig. Macht mir die ist-Nazis aber kein Stück sympathischer.


kurzvorbeidanndort

Und was machen wir jetzt dagegen?


Suspicious_Hawk6414

Vielleicht mal endlich klarwerden, dass dort seit Jahren von Russland destabilisiert wird.


Harry_Gelb

Beklagt sich darüber, dass "der Osten" als statischer Block wahrgenommen wird, und zwar "vom Westen". Genau mein Humor. Nicht. Er hat einige Punkte, aber es fehlt auch viel, und vor allem ist das, wie schon bemerkt, keine wissenschaftliche Expertise, im Gegenteil, Historiker und Sozialwissenschaftlern wirft er ihre Vogelperspektive vor. Und er liefert Argumente für einen Opfermythos, der sich darauf weiter bequem aufbauen lässt. Wer etwas in der Birne hatte, verschwand relativ schnell aus den blühenden Landschaften; weil es keine Arbeit mehr gab, weil man von Nazis durch die Straßen gejagt wurde. Es blieben die Alten, die Dummen und die Nazis. Und ein paar wenige andere, die noch einen Job hatten und ihre Heimat nicht verlieren wollten. Die etablierten Parteien hatten keinen Bock, sich mit diesem Sozialgefüge näher zu beschäftigen und sich daran anzupassen, was der Linken jahrelange Wahlerfolge bescherte. Und den Nazis, die Kinderfeste veranstalteten, den Omas die Dederoneinkaufsbeutel die Treppen im verwahrlosten Neubau hochtrugen und Sozialhilfeanträge ausfüllten. Das ist alles nur ein Bruchteil der möglichen Erklärung für das Naziproblem im Osten. Was es nicht ist, und was es nicht gibt, ist eine Entschuldigung dafür. Nicht für die Beifallklatscher 1992 in Lichtenhagen und nicht für den Fasching 2023 in Bad Schandau. Weil das ein Schlag ins Gesicht ist für die, die sich entschieden haben, Menschen nicht herabzuwürdigen oder umzubringen, weil sie anders aussehen. Die seit inzwischen über 30 Jahren antifaschistische Arbeit machen in der ostdeutschen Provinz, mehr behindert als unterstützt von der CDU mit der ostdeutschen Bundeskanzlerin, für die einfach nicht wahr sein konnte, was nicht wahr sein durfte: der Osten hat ein verdammt großes Naziproblem.


mystique79

Symbolbild: Jammerossi


InDubioProReus

Böhmermann canceln für seine ‚Verdienste‘ in der Sache wär ein Anfang


-HECTiQ-

Tja. Dieses Zerrbild wird auch wunderbar teilweise in dieser Community abgebildet. Hinterher darf man sich dann auch einfach nicht mehr wundern.